Die ÖVP darf diese Woche wieder einmal bestimmen, wen man zu mutmaßlicher ÖVP-Korruption befragt: Denn diese Woche wurden die Auskunftspersonen von der Kanzlerpartei ausgewählt. Entschieden hat sie sich am Mittwoch für drei Frauen aus der Justiz: Susanne Reindl-Krauskopf, Sarah Böhler und Gabriele Aicher.

Reindl-Krauskopf gilt als eine der renommiertesten Strafrechtlerinnen in Österreich, sie ist Vizedekanin der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Uni Wien. Mit dem Justizministerium hat sie unter anderem als Mitglied des Weisungsrats zu tun, der die Ministerin in heiklen Fällen berät. Dazu wurde sie am Mittwoch auch befragt: Konkret ging es um den Strafantrag gegen Johann Fuchs, Leiter der Oberstaatsanwaltschaft (OStA) Wien. Der Antrag war ja vom Weisungsrat kritisiert worden, dieser schlug weitere Ermittlungen und das Streichen eines Anklagepunkts vor. Danach wurde der Weisungsrat nicht mehr mit der Sache befasst.

Für Reindl-Krauskopf war das sinngemäß ein ganz normales Vorgehen, der Weisungsrat wolle auch nicht öfter mit derselben Sache befasst werden, das komme nur ganz selten vor. Die ÖVP hatte sich offenbar andere Antworten erhofft, die Angelegenheiten war jedenfalls nach wenigen Minuten vorbei.

Hanger sieht Peter Pilz-Achse

Nach ihr kam Sarah Böhler, die Kabinettschefin von Ministerin Alma Zadić (Grüne). Die Befragung war durchaus unruhig, weil die ÖVP recht angriffig agierte. Sie stellte eine aktuelle Verbindung zwischen Böhler und Peter Pilz her, weil diese zuvor im Parlamentsklub der "Liste Jetzt" gearbeitet hatte und fragte nach Informationsabflüssen aus dem Justizressort Richtung Pilz. Böhler wies das "aufs Schärfste" zurück.

Laut Böhler habe der damalige Kanzler Sebastian Kurz gemeint, Sektionschef Christian Pilnacek solle bleiben – was ja durch die Teilung seiner "Supersektion" auch möglich war. U-Ausschuss-Vorsitzender Wolfgang Sobotka (ÖVP) habe sich an das Ministerium gewandt, um eine höhere Klassifizierung von Akten zu fordern.

Aicher wird befragt

Am spannendsten wurde die Befragung von Gabriele Aicher, die derzeit noch als Rechtsschutzbeauftragte der Justiz tätig ist. In ihrer Funktion hatte sie mehrfach für Aufsehen gesorgt: Zu Recht hatte sie kritisiert, dass die WKStA keine Ermächtigung eingeholt hatte, bevor sie die Peilung der Smartphones von Wolfgang und Helmuth Fellner beantragte. Doch gleichzeitig kritisierte Aicher die WKStA auch abseits ihrer eigenen Zuständigkeit, für eine Presseaussendung ließ sie sich von der Kanzlei Ainedter & Ainedter beraten. Das führte wiederum zu einer Rüge durch Zadić. Aicher hat nun angekündigt, sich als Rechtsschutzbeauftragte zurückzuziehen.

Verständnis für Zadic' Reaktion zeigte Aicher keine: Sie habe Rechtsbestand benötigt, da jeder, der mit WKStA-Akten zu tun habe, als "potenzieller Verräter galt". Die weitere Arbeit als Rechtsschutzbeauftragte sei ihr "nicht zuzumuten". Aicher sprach von "medialer Diffamierung". "Bitte, ich hab nur meine Arbeit gemacht", sagte die Rechtsschutzbeauftragte.

Im Lauf ihrer Befragung redete sich Aicher zusehends in Rage und teilte manchmal bizarre Feststellungen, etwa dass jeder Querulant "eine Anzeige besser als die WKStA" mache. Außerdem habe sie Angst gehabt, abgehört zu werden. Sie habe ihren Rücktritt erklärt, weil "die" – gemeint: WKStA – "einfach keine Ruhe geben". Die WKStA verfolge jeden, es sei "ein Trauerspiel". (red, 25.5.2022)

Umstrittene Rechtsschutzbeauftragte: "Jeder Querulant macht Anzeige besser als WKStA"