Nachdem am Mittwoch ein Finanzprüfer und der Vorarlberger Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) im ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss befragt wurden, geht dieser am Donnerstag weiter. Geladen sind Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP), ein weiterer Finanzprüfer und Jürgen Rauch, der nicht nur Geschäftsführer des Fruchsaftherstellers Rauch ist, sondern auch Finanzreferent beim Vorarlberger Wirtschaftsbund.

Wie am Mittwoch sind auch am Donnerstag lange Debatten darüber zu erwarten, ob Fragen zur Causa Wirtschaftsbund überhaupt zulässig sind. Die ÖVP hat am Mittwoch beinahe jede Frage bekämpft, es gab über 50 Geschäftsordnungsdebatten und 15 Stehungen.

Was der Verfahrensrichter von Brunner wissen wollte

In der Erstbefragung durch den Verfahrensrichter sagte Brunner, er habe keine Wahrnehmung dazu, wie Inserate in die Wirtschaftsbund-Zeitung gekommen seien, weil er keine Funktion beim Wirtschaftsbund gehabt habe. Auch zur möglichen Beeinflussung von Steuerverfahren bei dem Unternehmen VKW/Illwerke habe er keine Wahrnehmung. Er sei zwar bei dem Unternehmen beschäftigt gewesen, das sei aber bereits 2006 gewesen. Nach einem Bericht im STANDARD über Interventionen bzw. das Steuerverfahren allgemein habe er sich bei seinem Sektionschef über die Sache erkundigt, der habe ihm gesagt, dass das Verfahren abgeschlossen sei.

Auf entsprechende Fragen der grünen Abgeordneten Nina Tomaselli sagte Brunner, er sei durchaus bei Betriebsbesuchen mit dem ehemaligen Wirtschaftsbund-Direktor Jürgen Kessler dabei gewesen, es gehöre selbstverständlich zu seinen Aufgaben als Finanzminister, sich mit Unternehmern auszutauschen. Dass er bei diesen Besuchen die Unternehmer darauf hingewiesen habe, dass man ja im Wirtschaftsbund-Magazin inserieren könnte, das könne er ausschließen.

Wenige Wahrnehmungen zum Magazin

Ganz allgemein gab Brunner an, nur wenige Wahrnehmungen zum Magazin "Vorarlberger Wirtschaft", für das er mehrmals interviewt worden sei, zu haben. Dass die Inserate vor allem ab 2018 mehr wurden, habe er jedenfalls nicht mitbekommen.

Inserate sind im Zusammenhang mit dem Finanzministerium aber natürlich auch an einer anderen Front von Interesse. So hakte Stefanie Krisper (Neos) mehrmals nach, weswegen das Finanzministerium in der Presse etwa mehr inseriere als im reichweitenstärkeren STANDARD, wenn Schaltungen – wie Brunner zuvor ausführte – nach nachvollziehbaren Kriterien zu passieren hätten. Der Finanzminister entgegnete, er mische sich nicht in Inseratenschaltungen ein, mittlerweile würden diese außerdem über die Bundesbeschaffung GmbH organisiert werden. Grundsätzlich stehe er für einen verwantwortungsvollen Einsatz von Steuergeld, dass Ministerien gar nicht inserieren, sehe Brunner aber nicht als sinnvoll an.

Boni und Bärli

Die Anregung Krispers, seinen Kabinettschef nach Interventionen bei Finanzbeamten zu fragen, wollte Brunner "gerne" mitnehmen. Am Mittwoch berichtete ein Finanzprüfer, dass er und zwei weitere Kollegen rechtswidrig vom Finanzministerium verfolgt wurden – samt Anzeige bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft – weil man in ihnen Quellen für ein mögliches Leak im Fall Pierer sah. Der Beamte führte aus, dass auch der derzeitige Kabinettschef von Brunner involviert gewesen sei.

Auch einen Vorschlag der Grünen Abgeordneten Nina Tomaselli will Brunner aus dem Ausschuss mitnehmen. Er wolle sich bei Wolfgang Peschhorn, dem Chef der Finanzprokuratur, erkundigen, ob der Republik durch die Bonus-Zahlungen bei der Abbaugesellschaft (Abbag) der Republik ein Schaden entstanden ist. Der Rechnungshof hat festgestellt, dass der Abbag-Vorstand im Jahr 2020 rund 2,1 Millionen Euro bekommen hat, davon gingen 1,5 Millionen Euro an den ehemaligen Abbag-Chef Michael Mendel und der Rest an seinen Nachfolger Bernhard Perner.

Die Opposition nahm Brunner den freundlichen Minister nicht ab und kritisierten, wieso er sich zu all den Themen nicht längst mehr involviert habe.

Hat Brunner vom Wirtschaftsbund Geldleistungen erhalten? Tomaselli nennt als Beispiel die für einen Vorarlberger ÖVP-Abgeordneten bezahlten Wahlkampf-Gummibärli. "Also Gummibärli, da weiß ich nix", sagte Brunner. "Vielleicht hab ich die mal in einem Wahlkampf verteilt, das kann schon sein." Nach einer kurzen Nachdenkpause fiel ihm dann noch ein, dass der Wirtschaftsbund in einem Nationalratswahlkampf das Porto für eine Aussendung übernommen habe, darüber hinaus habe es aber keine Geld- oder Sachleistungen für ihn gegeben.

Finanzbeamter über Wirtschaftsbund, Illwerke und Thomas Schmid

Nach dem Finanzminister wurde ein Finanzbeamter, der in die Illwerke-Prüfung involviert war, aber auch Wahrnehmungen zum Fall Sigfried Wolf und der Steuerprüfung bei Signa hat, befragt. Der Beamte, stellvertretender Leiter der Großbetriebsprüfung, beschrieb unter anderem, dass es bezüglich der Illwerke-Prüfung zu Auseinandersetzung zwischen Wallner und seiner Vorgängerin gekommen sei, da seien auch "lautere Diskussionen" passiert. Er selber habe mit dem Landeshauptmann keinen Kontakt gehabt, aber einem Mitarbeiter geschrieben, dass es nichts zur Sache tue, dass Wallner eine andere Ansicht vertrete. Man werde als Prüfer nicht fürs Gefallen bezahlt. Er habe aber keinen anderen Fall erlebt, wo sich ein Landeshauptmann dermaßen eingebracht habe, sagte der Beamte auf eine entsprechende Frage von Tomaselli.

Unerwartetes Treffen mit "bestem Unternehmer" Benko

Der Mann konnte auch von einem Treffen mit Signa-Chef René Benko berichten. Er sei noch nicht einmal bestellt gewesen, da habe ihn der damalige Generalsekretär im Finanzministerium, Thomas Schmid, schon ins Ministerium gebeten. Dort sei der Beamte dann "dem besten Unternehmer Österreichs", Benko, vorgestellt worden, Schmid sei daraufhin wieder gegangen. Benko gab dem Prüfer zu verstehen, dass die seit Jahren laufende Betriebsprüfung seines Unternehmens endlich beendet werden müsse, was der Beamte auch so sah – "das war aber kein Zugeständnis an ihn, sondern auch meine Ansicht". Er treffe ständig Unternehmer zu solchen Austauschen, aber der Ort und dass ihn der Generalsekretär persönlich ins Ministerium gebeten habe, das sei schon ungewöhnlich gewesen.

Top-Inserent und Wirtschaftsreferent Rauch

Die eigentlich noch geplante Befragung des Geschäftsführers des Fruchtsaftunternehmens Rauch, Jürgen Rauch, wurde abgesagt. Rauch, der Finanzreferent beim Wirtschaftsbund ist, dürfte neuerlich geladen werden.

Die Firma Rauch zählt zu den Top-Inserenten im Magazin des Vorarlberger Wirtschaftsbunds, mit dem die ÖVP-Teilorganisation mehrere Millionen Euro eingenommen und diese nicht bzw. unzureichend versteuert hat. Der Vorarlberger Verein Bodenfreiheit sieht eine Auffälligkeit zwischen dem Inseratenaufkommen und Entscheidungen über eine für Rauch wichtige Betriebserweiterung in der Gemeinde Ludesch. Tatsächlich fällt auf, dass Rauch zugehörige Unternehmen vor allem 2019 stark inserierten. Der Fruchtsafthersteller schaltete im Jahr 2017 nur zwei Inserate, 2018 waren es vier und 2019 dann 15. 2020 sank die Zahl wieder auf vier, im letzten Jahr schaltete man sieben Inserate im Wirtschaftsbund-Magazin. (Lara Hagen, 2.6.2022)

Finanzprüfer über von Schmid eingefädeltes Treffen mit "bestem Unternehmer" René Benko: "Das war schon ungewöhnlich"