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Grasser-Steuerprozess findet unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt

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Der frühere Finanzminister soll in seiner Zeit bei Meinl International Power rund 4,4 Millionen Euro nicht versteuert haben. Auch sein Steuerberater ist angeklagt


Am Montag um 9 Uhr begann am Straflandesgericht Wien die Gerichtsverhandlung, in der sich Karl-Heinz Grasser wegen des Vorwurfs der Steuerhinterziehung verantworten muss. Der frühere Finanzminister soll 4,38 Millionen Euro an Vertriebsprovisionen aus seiner Zeit bei Meinl International Power (MIP) nicht versteuert und somit rund 2,2 Millionen Euro hinterzogen haben.

Auch sein früherer Steuerberater H. ist angeklagt, ihm wirft die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) Beihilfe zur Abgabenverkürzung vor – er soll jene aus ausländischen Gesellschaften und Stiftungen bestehende "Verschleierungskonstruktion" erdacht haben, an die die Gelder flossen. Beide Angeklagten bestreiten die Vorwürfe, und es gilt die Unschuldsvermutung.

Grassers Meinl-Ära

Die Causa spielt im Jahr 2007, damals war Grasser nach seiner Zeit als Politiker ins Reich von Julius Meinl V. gewechselt – konkret arbeitete er für die Fondsgesellschaft Meinl International Power (MIP), die Energieprojekte umsetzen sollte. Grasser war zu einem Drittel an der Managementgesellschaft der MIP beteiligt, er sollte unter anderem Fondszeichner an Land holen. Bis 2010 kassierte er rund neun Millionen Euro, die über die sehr komplizierte und verästelte Gesellschaftskonstruktion flossen.

Angeklagte belasten einander

Im Prozess wird es um die Frage gehen, ob das Vertriebshonorar Grasser persönlich zuzurechnen und daher auch von ihm zu versteuern war und welche Rolle sein Berater bei alldem gespielt hat. H. sagt ja aus, Grasser habe die von ihm aufgesetzte Struktur eigenmächtig verändert, er habe ihn davor gewarnt, auch die Vertriebsprovision über dieses Konstrukt laufen zu lassen. Was Grasser bestreitet.

Grasser wird von Norbert Wess verteidigt, Angeklagter H. von Gerald Ruhri, auf dem Prozessfahrplan stehen vier Verhandlungstage, der letzte davon am 4. Juli. Bei einer rechtskräftigen Verurteilung droht eine Geldstrafe vom Doppelten des hinterzogenen Betrags und eine Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren.

DER STANDARD war live vor Ort – allerdings wurde kurz nach Beginn die Öffentlichkeit ausgeschlossen. Bei Anklagen wegen Finanzvergehen ist das unter bestimmten Umständen gesetzlich so vorgesehen. (gra, 13.6.2022)