Auch am zweiten Tag des ÖVP-Untersuchungsausschusses diese Woche ging es vor allem um mutmaßlich dubiose Umfragekonstrukte. Als Erstes wurde der Geschäftsführer des Meinungsforschungsinstituts Demox Research befragt, das eine deutliche Nähe zur ÖVP aufweist. Nicht zuletzt stand die besagte Auskunftsperson von 2005 bis 2011 dem Wiener Bauernbund vor.

Das Institut des ehemaligen türkisen Lokalpolitikers fiel der Opposition aus dreierlei Gründen auf: Einerseits erhielt dieses in der jüngeren Vergangenheit unter anderem hochdotierte Aufträge von ÖVP-geführten Ministerien – allein etwa 230.000 Euro im Jahr 2020. Andererseits stach den Sozialdemokraten ins Auge, dass die durchgeführten Umfragen teils ressortfremde Fragen enthielten, aber vor allem, dass beispielsweise das Wirtschafts- und Landwirtschaftsministerium im Zeitraffer dieselben Fragen gestellt hatten. SPÖ-Fraktionsführer Kai Jan Krainer glaubt, dass die ÖVP so Steuergeld aus den Ressorts in Umfragen steckte, die dem Altkanzler Sebastian Kurz und der Bundespartei genützt haben könnten.

Wie Krainer darauf kommt? Wegen Franz Sommer. Der Meinungsforscher schien bis vor kurzem im Kuratorium des ÖVP-nahen Instituts auf. Von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) wird er als "offizieller" Umfragelieferant der ÖVP bezeichnet. Und Sommer hob einmal vor Jahren in einem Interview hervor, eine hohe Anzahl an Befragten wie in den besagten Studien zu präferieren, aber auch die "rollierende" Methodik, nach der wortidente Fragen in einem gewissen Zeitverlauf abgefragt werden. Alle Beteiligten bestreiten Krainers These vehement.

Vor dem U-Ausschuss flüchtete sich Demox-Geschäftsführer Paul U. in sehr technische Antworten, statt konkret über Auftraggeber und deren Wünsche Auskunft zu erteilen. Teils artete die Befragung ins Absurde aus, als etwa gerätselt wurde, für wen die Beliebtheit von Grünen-Klubobfrau Sigrid Maurer abgefragt wurde. Auf internen Demox-Dokumenten war da von "BMDW" und "BEV" zu lesen, was die Opposition als Wirtschaftsministerium und Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen interpretierte. Laut U. stand "BEV" aber für "Bevölkerung". Die ÖVP meinte dann, sie habe diese Fragen gezahlt; Demox die verschiedenen Themen verschiedner Auftraggeber nur in einer Umfrage zusammengeschnürt.

Von Projekt Ballhausplatz bis Beinschab

Als zweite Auskunftsperson ist ein langjähriger Intimus von Altkanzler Kurz geladen: Gerald Fleischmann. Zuletzt war er Leiter der Stabsstelle Medien im Bundeskanzleramt, über viele Jahre war er auch Pressesprecher in der ÖVP. Gegen Fleischmann wird in der Affäre um mutmaßlich frisierte Umfragen der Meinungsforscherin Sabine Beinschab ermittelt – jener Affäre, die Kurz schließlich zum Rücktritt zwang. (Jan Michael Marchart, 30.6.2022)

U-Ausschuss schmeisst Anwalt Ainedter aus Fleischmann-Befragung