Am Donnerstag geht es im Großen Schwurgerichtssaal im Wiener Staflandesgericht wieder zurück in die türkis-blaue Ära. Einmal mehr will die Richterin ergründen, ob sich der Unternehmer Siegfried Stieglitz einen Aufsichtsratsposten bei der Asfinag erkauft hat, und zwar vom damaligen FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache.

Bereits vier Tage wurde verhandelt, gehört wurden gleich zwei frühere Infrastrukturminister aus der FPÖ. Bislang wurde Strache von seinen einstigen Kameraden entlastet, die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft führt vor allem Chatnachrichten als Beweismittel an.

In den Zeugenstand treten am Donnerstag zwei Mitglieder der Familie Trattner: Vater Gilbert, Aufsichtsratsvorsitzender bei den ÖBB, sowie Sohn Philipp, der im Sportministerium tätig ist und dort einst in Straches Kabinett werkte.

"Namen gesammelt"

Letzterer machte den Anfang: Er habe in seiner Zeit als Vize-Kabinettschef Aufsichtsratslisten für Strache erstellt und quasi "Namen gesammelt". Dabei habe er auf Frauenquoten geachtet, auf die Qualifikation und ebenso die Anzahl bereits ausgeübter oder avisierter Mandate. Von einem Sideletter zwischen ÖVP und FPÖ, bei der bereits parteipolitische Quoten festgelegt worden waren, habe er nichts gewusst.

Stieglitz habe er vor dem heutigen Tag nie getroffen, Strache habe ihn einst als "guten Mann" empfohlen; Trattner habe schon "schlimmere Lebensläufe" als den von Stieglitz gesehen. Mit einem möglichen Mandat in den ÖBB habe Trattner aber nichts zu tun haben wollen, weil dort eben sein Vater tätig ist. Dass er Strache mitteilte, Stieglitz bekäme "den nächsten freien Sitz" in der ÖBB-Holding, habe nur daran gelegen, dass Trattner das "am Rande mitbekommen" habe.

Asfinag-Chef mit Widersprüchen konfrontiert

Für Aufsehen sorgte die Befragung von Asfinag-Vorstandsdirektor Hartwig Hufnagl, den sowohl die Oberstaatsanwältin der WKStA als auch Stieglitz' Verteidiger Andreas Pollak mit Widersprüchen konfrontierten; wobei sich Hufnagl meist auf Erinnerungslücken berief. So habe Stieglitz seinen Bruder in der Asfinag unterbringen wollen, was Hufnagl sofort abgesagt habe. Doch Stieglitz' Verteidiger präsentierte ein Gutachten der WU-Professorin Susanne Kalss, das der Unternehmer zu diesem Thema in Auftrag gegeben hatte.

Auch bei der Frage nach etwaigen Einladungen und gemeinsamen Feiern wich Hufnagl aus. So sei Stieglitz bei einem Polterabend und seiner Hochzeit anwesend gewesen. Der frühere Asfinag-Aufsichtsratsvorsitzende sei hingegen Hufnagls Trauzeuge gewesen. Das zeige aus Sicht der WKStA die mangelnde Compliance in der Autobahngesellschaft.

Strache und Stieglitz bestreiten die Vorwürfe, für beide gilt die Unschuldsvermutung. (red, 21.7.2022)

Strache-Prozess: Von Trauzeugen bei Asfinag und ÖBB