Viele Angeklagte, viele Rechtsanwälte und sicher etliche Medienvertreter kamen am Montag wieder im Großen Schwurgerichtssaal des Wiener Straflandesgerichts zusammen. Fortgesetzt wurde da ab neun Uhr der Korruptionsprozess gegen den grünen Ex-Politiker Christoph Chorherr sowie etliche Unternehmer aus der Immobilienbranche.

Am zweiten Tag der Hauptverhandlung hörte Richter Michael Tolstiuk zunächst noch die Eingangsvorträge jener Verteidiger an, die die zahlreichen ebenfalls angeklagten Verbände vertreten. Wie schon die anderen Anwälte vergangene Woche wiesen sie die von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) geäußerten Vorwürfe von sich. Knapp zusammengefasst vermuten die Staatsanwälte, dass für Spenden an Chorherrs Verein rund um Bauprojekte interveniert wurde.

Chorherr war "von Idee begeistert"

Dazu äußerte sich erstmals vor Gericht Chorherr selbst. Er erzählte, wie er schon in den 1990er-Jahren zum damaligen Bürgermeister Helmut Zilk (SPÖ) "gestürmt" sei, um Unterstützung für Südafrika vorzuschlagen. Er habe von einem Amerikaner gelesen, der in Zusammenarbeit mit Architekturstudenten etwas bauen habe lassen in Südafrika, diese Idee habe ihn begeistert. Von 2003 bis 2007 seien erste Projekte realisiert worden; etwa in Zusammenarbeit mit der TU Wien.

Wilhelm Hemetsberger habe er erst 2009 kennengelernt, der sei nach Südafrika gereist und habe sich "ins Projekt verliebt". Er habe dann sogar seine Firma auf "Ithuba Capital" umbenannt; nach der südafrikanischen Organisation, mit denen die Spenden an Chorherrs Verein in Projekte umgesetzt wurden. Alles sei offen und nicht geheim erfolgt, er habe aber auch Fehler gemacht, räumte Chorherr ein.

Es tue ihm leid, dass er unterschätzt habe, wie die Außenwirkung sei. Besonders für Willi Hemetsberger, der so viel gespendet habe, und für Günther Kerbler, den er seit 35 Jahren kenne. "Der Anschein hat dazu geführt, dass wir heute hier sitzen", sagte Chorherr. Und: Er hätte 2010 die Obmannschaft zurücklegen sollen.

Ab Mittag befragte dann Richter Andreas Tolstiuk den Ex-Grünpolitiker. Chorherr erklärte, dass er 2003 den Verein S2Arch initiiert habe, es sei um die Vernetzung von Architektur und sozialen Projekten in armen Ländern gegangen. Anfangs sei die Stadt Wien der größte Spender gewesen, später Willi Hemetsberger.

Danach ging es um die Frage der Widmungen: Chorherr erklärte, dass die Stadt Wien bei ganz großen Immobilienprojekten Voherhebungen beginne und manchmal einen Wettbewerb durchführe. Man berate das, der Gemeinderat erhalte Zwischenberichte. Danach gebe die Planungsstadträtin das in in den Fachbeirat, informiere die Öffentlichkeit, und die MA 21 erledigte den Akt. Zuletzt komme das in den Gemeinderatsausschuss für Stadtplanung, da werde darüber abgestimmt. "So ein Prozess ist total transparent", sagte Chorherr.

Der "komplexe" Heumarkt

Über Tojners Projekt am Heumarkt, um das es auch in der Anklage der WKStA geht, sei "auf höchster politischer Ebene entschieden worden", zwischen dem Bürgermeister (damals Michael Häupl, SPÖ) und der Vizebürgermeisterin, also der Planungsstadträtin Maria Vassilakou (Grüne). Die Sache sei ein "unfassbar komplexer Fall". Als Sprecher sei er natürlich eingebunden gewesen und habe sich mit Anrainern und Architekten besprochen.

Bei einer internen Abstimmung sprachen sich die Wiener Grünen damals ja hauchknapp gegen den Heumarkt aus; Vassilakou habe aber entschieden, dass das Projekt nicht abgeblasen werden könne. Mit Tojner habe Chorherr Kontakt gehabt, der habe ihm E-Mails geschrieben. Sein "Grundinteresse war es, informiert zu sein".

Welche Spenden Chorherr kannte

Der Ex-Grünenpolitiker erzählte noch einmal, dass der größte Spender Hemetsberger gewesen sei, der um die 1,3 Millionen Euro überwiesen hatte. Mit Immobilien habe der nichts zu tun gehabt, sagte Chorherr. Hemetsberger habe auch den Unternehmer René Benko zu einer Spende überredet, da ging es um 100.000 Euro von der Signa-Gruppe.

Kerbler habe auch gespendet, das sei aber privat entstanden; Chorherr kenne ihn schon lange. Unternehmer Erwin Sorawia hingegen widmete seine 50. Geburtstagsfeier quasi Chorherrs Verein, da hätten Leute Bilder ersteigern können. Von Tojners Spende habe er erst später erfahren, meinte Chorherr.

Er selbst sei in Weisungskonstrukte rund um Umwidmungen "nie und nimmer "eingebunden gewesen, habe jedoch beim Jour fixe der MA 21 teilgenommen, "da wollte ich informiert sein". Er habe dort durchaus mitgeredet und seine "planungspolitischen Visionen" eingebracht, sagte Chorherr.

Alle Angeklagten bestreiten die Vorwürfe, ihre Verteidiger haben die Anklageschrift der WKStA in ihren Eingangsvorträgen zum Teil in der Luft zerrissen, aus ihr erschlössen sich keinerlei belastende Beweise. Die Spenden an den in Südafrika aktiven Verein seien aus sozialen Gründen geflossen und hätten mit Projekten oder Umwidmungen nichts zu tun gehabt, lautete der Tenor ihrer Ausführungen. Für alle Angeklagten gilt die Unschuldsvermutung. (gra)

Chorherr vor Gericht: "Ich habe den Anschein unterschätzt"