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Chorherr-Prozess: Tojner intervenierte bei Dichand für Chorherr

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Am dritten Verhandlungstag ging es mit der Befragung der Angeklagten weiter, zuvor ereignete sich ein Eklat rund um Richter und Schöffen


Die Verhandlung gegen Christoph Chorherr und neun weitere Angeklagte begann dieses Mal mit einem Paukenschlag: Ein Schöffe hatte einen Aktenvermerk eingebracht, in dem er beschreibt, dass einer der Berufsrichter gemeint habe, man verhandle "so lange, bis alle verurteilt sind". Alle Anwälte beantragten daraufhin den Ausschluss des beisitzenden Richters, dazu wurden auch die anderen Schöffen befragt. Nach einer Beratung entschied sich das Gericht dagegen. Es sei wohl ein Missverständnis gewesen, meinte der vorsitzende Richter Michael Tolstiuk, sein Kollege habe das anders gemeint.

Mit anderthalb Stunden Verspätung begann dann das "reguläre" Programm: die weitere Befragung von Chorherr, mit der das Gericht schon am Montag begonnen hatte. Er bekannte sich da nicht schuldig. Die WKStA wirft dem früheren Grünen-Politiker bekanntlich vor, er sei von neun weiteren Angeklagten durch Spenden an seinen wohltätigen Verein S2Arch bestochen worden, um in Widmungsverfahren einzugreifen.

Der Heumarkt

Eines der prominenteren Projekte, auf die sich die WKStA bezieht, sind Michael Tojners Pläne für den Heumarkt. Denen hätten die Grünen in einer internen Abstimmung eigentlich eine Abfuhr erteilt, weitergemacht wurde nach Anweisung der damaligen Wiener Grünen-Chefin und Planungsstadträtin Maria Vassilakou trotzdem. Laut Chorherr war das alles politisch schwierig, es sei um Vassilakous politisches Überleben gegangen. Ein Knackpunkt war die Frage, ob Tojner nur Luxuswohnungen plane.

Der Staatsanwalt sprach einen potenziellen Kronzeugen an, der sich später wieder zurückzog – wer das hätte sein können, wusste Chorherr nicht. Als Nächstes wurde der ehemalige Planungssprecher der Grünen von seinem Anwalt Richard Soyer befragt. Da ging es um Chorherrs Teilnahme an Jours-fixes der MA 21, Chorherr habe dort Informationen für seine politische Tätigkeit gesammelt.

Vielspender Tojner

Alle Angeklagten, darunter auch viele Unternehmen bzw. deren Verantwortliche, bestreiten die Vorwürfe und einen Konnex zwischen Spenden für den gemeinnützigen Verein, dessen Obmann Chorherr bis 2018 war, und Immobilienprojekten. Für alle gilt die Unschuldsvermutung.

Nicht schuldig bekannte sich auch Michael Tojner, der nach Chorherr befragt wurde. Immobilien seien nicht sein Hauptgeschäft, aber nachhaltige Architektur sei ihm wichtig; ebenso karitative Zwecke. Er habe wohl mehr als hundert Projekte unterstützt, "mit einem Vielfachen" des Betrags, der Chorherrs Verein zukam.

Es habe einen "breiten Konsens" gegeben, dass der Heumarkt ein großartiges Projekt sei, führte Tojner aus; seine Spendentätigkeit habe damit gar nichts zu tun gehabt. Er habe zuerst 5000 Euro anlässlich einer Geburtstagsfeier von Erwin Soravia gespendet und dann bewusst schon nach Beginn der Affäre, um die Schließung der in Südafrika betriebenen Schulen zu verhindern.

Interventionsvorwürfe

Warum eine Mitarbeiterin Tojner unter dem Stichwort "Widmung" an die Spende von 5000 Euro erinnert habe? Das sei nach der Widmung zu diskutieren gewesen, meinte Tojner. Dass Großspender Hemetsberger für ein Casino im Hotel Intercontinental lobbyiert habe, stimmte nicht; das sei nur auf einer Unterlage eines Beraters gestanden.

Interveniert habe Tojner bei Christoph Dichand: Die "Kronen Zeitung" solle die "Kampagne" gegen Chorherr nicht aufgreifen, schrieb er deren Herausgeber. Chorherr sei jedenfalls "nicht unter den Top 5 der Relevantesten" für das Projekt Heumarkt gewesen; das war für Tojner Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ). Insgesamt habe er zu allen Parteien Kontakt gepflegt; die Grünen seien "ein Wahnsinn" gewesen. Auch für den aktuellen Wiener Grünen-Cochef Peter Kraus habe er sich eingesetzt, der sei "unser Mann", schrieb eine Tojner-Mitarbeiterin an ihren Chef.

Chorherr selbst hat eingeräumt, dass er zu lange Obmann geblieben sei. Er hätte diese Funktion beim Eintritt der Grünen in die Wiener Stadtregierung 2010 zurücklegen müssen, lautete seine Aussage. Am Dienstag wird fortgesetzt. (gra)