Die Verhandlung in der Causa Chorherr ging am Dienstag weiter – und der Beginn verlief deutlich ruhiger als jener Freitagfrüh. Da wurde die Aktennotiz eines Ersatzschöffen erörtert, der dem beisitzenden Richter des Schöffensenats Voreingenommenheit vorgeworfen hatte – mit der Folge, dass alle mehr als 30 Anwälte Anträge auf Ausschluss des Berufsrichters wegen Befangenheit stellten.

Das Gericht wies diesen Antrag aber ab, es habe sich wohl um ein Missverständnis gehandelt. Auch der Ersatzschöffe zog seinen Rücktritt als Ersatzschöffe wieder zurück.

Tojner und der Heumarkt

Danach begann das Gericht mit der Einvernahme von Unternehmer Michael Tojner, der sich für nicht schuldig bekannte. Ex-Grünen-Politiker Christoph Chorherr, Tojner und acht weiteren Personen werden (Anstiftung zum) Amtsmissbrauch und Bestechlichkeit bzw. Bestechung vorgeworfen, rund um Spenden der Angeklagten für Chorherrs Verein S2Arch, der sich in Südafrika engagiert. Laut Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) sollen die Spenden mit (Um-)Widmungen für diverse Immobilienprojekte der Angeklagten in Zusammenhang stehen. Alle Angeklagten, inklusive etlicher Unternehmen, bestreiten das, für alle gilt die Unschuldsvermutung.

Am Dienstag wurde die Einvernahme von Tojner fortgesetzt, mit der das Gericht am Freitag begonnen hatte. Tojner erklärte, warum er nach Bekanntwerden der "Spendenaffäre" 2018 noch einmal 35.000 Euro spendete: Er habe verhindern wollen, dass die Schulen des Vereins in Südafrika zugesperrt werden müssen. Seine Unterstützung habe nichts mit seinem Bauvorhaben am Wiener Heumarkt zu tun gehabt. An "Klimapflege" in der Politik habe er dabei nicht gedacht. Aus der Korrespondenz Tojners erhellten sich rege Kontakte des Unternehmers zu diversen mächtigen Leuten, er habe wegen des Heumarkt-Projekts eben Kontakt zu "allen Parteien" gehalten, erklärte das Tojner.

Hemetsberger spendete viel

Nach ihm begann das Gericht mit der Befragung von Ex-Investmentbanker Wilhelm "Willi" Hemetsberger. Er hat Chorherrs Verein mit zahlreichen Spenden unterstützt; die WKStA rechnet ihm, der ja nicht aus der Immobilienbranche kommt, quasi Immobilienprojekte Tojners zu. Das stritt Hemetsberger ab. Er habe nichts mit Immobilienentwicklung oder Tojners Projekt am Heumarkt zu tun gehabt.

Hemetsberger habe sinngemäß 2008 ein Sabbatical von seinem Job bei der Bank Austria genommen und da "Sinnvolles" tun wollen. So sei er auf Chorherrs Projekt gestoßen. Dessen politische Tätigkeiten habe er nur ungefähr mitbekommen, genau habe er das erst in der Anklage gelesen. An Land gezogen habe Hemetsberger auch die Spende von Benko, den er in Kapitalmarktfragen beraten hatte. Tojner sei "ein Bekannter", mit ihm seien die Spenden nicht akkordiert gewesen.

Freunde und Nachbarn

Nach ihm kam dann der Investor Günter Kerbler an die Reihe. Er gab an, mit Chorherr befreundet gewesen zu sein. Man habe in unmittelbarer Nachbarschaft gewohnt, die Töchter seien noch immer beste Freunde. Chorherr habe ihm von dem Projekt in Südafrika erzählt, er habe für Lehrergehälter gespendet. Beruflich habe er den damaligen Grünenpolitiker "nie gebraucht". Die inkriminierte Bestechung rund das Holzhochhaus (HoHo) in der Seestadt Wien-Aspern ergebe rein zeitlich keinen Sinn, erklärte Kerbler sinngemäß.

Auch Erwin Soravia bekannte sich nicht schuldig. Er betonte, dass sich seine Familie bei vielen sozialen Projekten engagiere, vor allem, wenn sie die Betreiber kennen. Bei der 50. Geburtstagsfeier von Soravia und seiner Zwillingsschwester habe man die Gäste gebeten, entweder für SOS Kinderdorf oder für Ithuba zu spenden. Soravia habe versucht, das "noch eleganter" zu machen und den Künstler Peter Kogler um Kunstwerke gebeten. Quasi zur Inspiration sei man gemeinsam nach Südafrika gereist. Geheim sei nichts gewesen, betonte Soravia, und mit den Bauprojekten Triiiple und Danube Flats habe es noch weniger zu tun.

Am Schluss sagte dann noch ein Mitarbeiter von Soravia aus, auch er bekannte sich nicht schuldig.

DER STANDARD berichtet live ab 9 Uhr. (gra)

Chorherr-Prozess: Angeklagte schwärmen von Projekten in Südafrika