Am Dienstag ging am Straflandesgericht Wien die Verhandlung gegen den früheren Wiener Grünen-Politiker Christoph Chorherr weiter. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) wirft ihm Bestechlichkeit und Amtsmissbrauch vor, neun weitere Angeklagte sollen ihn mit Spenden an den von ihm gegründeten gemeinnützigen Verein S2Arch bestochen und zum Amtsmissbrauch rund um Immobilienprojekte angestiftet haben. Unter ihnen sind bekannte Unternehmer wie Michael Tojner und René Benko.

Angeklagt sind auch laut WKStA mit den Immobilienprojekten befasste Verbände, insgesamt sind das neben dem in Südafrika engagierten Verein weitere 20 Unternehmen. Chorherr war bis 2018 Vereinsobmann und hat im Verfahren eingeräumt, dass er besser 2010 zurückgetreten wäre – als die Grünen in die Stadtregierung kamen.

Vassilakou muss aussagen

Diese Woche soll die Rolle des Vereins und der Verbände beleuchtet werden. Zudem hat der Vorsitzende des Richtersenats, Michael Tolstiuk, in der Verhandlung am vorigen Freitag angekündigt, eventuell mit der Verlesung der Zeugen-Einvernahmeprotokolle zu beginnen. Anwälte und Gericht hatten sich zuvor darauf geeinigt, nicht alle Zeuginnen und Zeugen persönlich vorzuladen.

Die damalige Vizebürgermeisterin und Planungsstadträtin Maria Vassilakou (Grüne) wird aber sehr wohl befragt werden – wenngleich möglicherweise per Videozuschaltung. Die Ex-Politikerin ist als Beraterin international unterwegs. Außerdem wird Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger geladen; sie war einst Vorsitzende der Wiener Landespartei und berichtete Ermittlern von einem Gespräch mit Tojner.

Alle Angeklagten haben sich nicht schuldig bekannt, für sie alle gilt die Unschuldsvermutung.

Am Dienstag nahm dann jener Mann vor Gericht Platz, der Chorherr als Obmann des angeklagten Vereins S2Arch nachfolgte. Vereinszweck sei "die Bekämpfung von Armut und Not"; Chorherr habe für das Projekt "geradezu gelebt". Er kenne niemanden, der weniger korrupt sei als Chorherr, beteuerte dessen Nachfolger als Vereinsobmann. Die einzelnen Großspender seien nicht thematisiert worden.

Nach ihm wurden dann die angeklagten Verbände befragt, sie bekannten sich erneut nicht schuldig und wiesen jedwede Verbindung zwischen etwaigen Spenden und Immobilienprojekten von sich. Die OeNB-Tochter IG Immobilien gab an, alle Sponsoringtätigkeiten eingestellt zu haben; die Verbände rund um das HolzHochhaus (HoHo) in der Seestadt Aspern gaben an, der darin involvierte Günther Kerbler habe privat gespendet.

Am Nachmittag wurden dann Zeugeneinvernahmen verlesen, etwa von Mitarbeitern der Magistratsabteilung 21. Diese sagten sinngemäß aus, dass sie keine Interventionen von Chorherr erlebt hatten; dieser sei auch gar nicht weisungsberechtigt gewesen.

DER STANDARD berichtet live seit neun Uhr. (gra, fsc, 29.11.2022)

Chorherrs Nachfolger bei Verein: "Niemand ist weniger bestechlich als Chorherr"