Fast genau neun Monate nach dem ersten Mal kommt Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) am Mittwoch erneut in den U-Ausschuss zu mutmaßlicher Korruption der ÖVP. Nehammer war am 2. März bereits als Auskunftsperson da gewesen, also an jenem Tag, an dem der parlamentarische Untersuchungsausschuss mit seinen Befragungen begonnen hatte.

Die Angelegenheit erwies sich dann als mühsam, weil ihr Fluss von zahlreichen Geschäftsordnungsdebatten über die Zulässigkeit der Fragen unterbrochen wurde. Der heutige Kanzler war im Untersuchungszeitraum zunächst Generalsekretär der Volkspartei, anschließend wurde er Innenminister.

Für den Koalitionspartner, die Grünen, hat Nehammer heute die "Chance aufzuklären". Fraktionsführerin Nina Tomaselli kritisierte vorab, dass das Kanzleramt der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft von dieser angeforderte Daten nicht übermittle. Nehammer sagte dazu, man sei in einer "Zwickmühle", man brauche juristische Sicherheit, und die Anordnung der WKStA sei nicht sehr präzise.

Wenige Wahrnehmungen

Befragt wurde Nehammer dann zur niederösterreichischen Agentur Media Contacta: Diese soll laut Opposition unter anderem ein großes Event für Sebastian Kurz in der Wiener Stadthalle ausgerichtet und der ÖVP später 500.000 Euro gestundet haben. Dazu gab Nehammer an, keine Wahrnehmungen zu haben. Die Opposition glaubt, dass dieser Betrag durch Ministeriumsaufträge kompensiert wurde.

Mit den beiden Beratern von Sebastian Kurz, Stefan Steiner oder Gerald Fleischmann, könne er sich durchaus in seiner Zeit als ÖVP-Generalsekretär über Umfragen unterhalten haben, meinte Nehammer. Hier geht es um die Frage, ob die ÖVP – wie etwa in der Causa Beinschab verdächtigt wird – Umfragen von Ministerien für parteipolitische Zwecke nutzte.

Die Befragung war erneut geprägt von Geschäftsordnungsdebatten, die vor allem die ÖVP vom Zaun brach. Der dritte Nationalratspräsident Norbert Hofer, der den Ausschussvorsitz anstelle von Wolfgang Sobotka (ÖVP) führte, sprach von einem "Galopp"; den er nicht weiter "zulassen" wolle.

Mit fortschreitender Befragungsdauer wurde die Stimmung immer hitziger; SPÖ-Fraktionschef Jan Krainer bezeichnete die Wortmeldungen seines türkisen Pendants Andreas Hanger als "Folter", die Befragung an sich "Farce".

Wahlkampffinanzierung

Nach Nehammer kam dann ÖVP-Landesgeschäftsführer Bernhard Ebner als Auskunftsperson dran. Die Abgeordneten planten, ihn zu seinen Wahrnehmungen über eine etwaige indirekte Finanzierung von Wahlkämpfen mithilfe von Auftragsvergaben und Förderungen durch Organe des Bundes befragt werden. Zudem soll Ebner laut Ladungsbegehren in regelmäßigem Kontakt zu "untersuchungsrelevanten Personen" wie Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) stehen, der auch Vorsitzender des U-Ausschusses ist.

Auch da gab es jedoch nur wenig Substanz. Ebner meinte, es gebe im U-Ausschuss ein "Gegeneinander", kein "Miteinander" wie in Niederösterreich. Seine Ladung "riecht sehr stark nach Wahlkampf" – Niederösterreich schreitet im Jänner zum Urnengang. Am Projekt Ballhausplatz will Ebner nicht beteiligt gewesen sein, Fragen zur Media Contacta beantwortete er nicht.

Es wirkte fast, als hätte Ebner es darauf angelegt, noch weniger zu sagen als Kanzler Nehammer vor ihm. Die Abgeordneten bissen sich am niederösterreichischen Landesgeschäftsführer jedenfalls die Zähne aus, wieder gab es sehr lange Diskussionen über die Zulässigkeit von Fragen.

Prominent geht es auch am Donnerstag weiter. Da ist die niederösterreichische Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) geladen; sie kommt ja in diversen Chats vor.

DER STANDARD berichtet live ab zehn Uhr. (gra, fsc)

Abgeordnete beißen sich an Geschäftsführer der ÖVP NÖ die Zähne aus