Wirtschaft

Ehemalige Finanzbeamtin: Innsbruck ist keine "Steueroase"

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Wolfgang Peschorn sprach am Vormittag von "gelebter Intransparenz" bei Benkos Signa. Danach sagte eine frühere Sektionschefin aus


Die jüngsten parlamentarischen Untersuchungsausschüsse haben noch im Ausweichquartier stattgefunden, nun tagen sie im Erwin-Schrödinger-Saal des renovierten Parlamentsgebäudes. Am Mittwoch um zehn Uhr starteten die Befragungen im sogenannten Cofag-U-Ausschuss im nach dem österreichischen Physiknobelpreisträger benannten Lokal 1.

Als Erstes war eine Auskunftsperson am Wort, die den Abgeordneten in diesem Setting schon oft Rede und Antwort gestanden ist: Wolfgang Peschorn. Der Leiter der Finanzprokuratur wurde eingehend zu den Förderungen der Covid-19-Finanzierungsagentur (Cofag) des Bundes befragt. "Wir waren da nicht eingebunden", antwortete Peschorn angesprochen auf die Förderrichtlinien und die Frage, warum es keine Grenze für Unternehmen, die wirtschaftlich zusammenhängen, gegeben habe.

Zweites großes Thema in dem von SPÖ und FPÖ initiierten U-Ausschuss ist Signa-Gründer René Benko sein. Da war Peschorn für die Abgeordneten von Interesse, weil er die Republik in den Insolvenzverfahren der in die Pleite gerutschten Signa vertritt. "Die Signa ist die gelebte Intransparenz", sagte er über den Konzern. Eine Konzernbilanz hätte die wahren wirtschaftlichen Verhältnisse zu Tage gebracht, zeigte sich der "Anwalt der Republik" überzeugt. Auch zu Benkos Villa in Iglis und der von der Finanz eingetragenen Vormerkung eines Pfandrechts äußerte sich Peschorn. Der Schritt der pfandrechtlichen Sicherstellung sei "sehr rasch und sehr früh" erfolgt.

Grünen-Fraktionsführerin Nina Tomaselli legte schließlich Benkos Einkommenserklärung aus dem Jahr 2019 vor, wonach dieser 25,9 Millionen Euro verdient habe. Peschorn konnte dazu nicht viel sagen, außer: "Ich führe keine Steuerverfahren." Auf Twitter fragte Tomaselli, wofür Benko diese Gage bezogen habe, weil "er war ja offiziell nicht mal Geschäftsführer". Sie ortet darin "das nächste Indiz", dass Benkos "Abdanken von der Konzernspitze ein reines Ablenkungsmanöver war".

"Wer die richtigen Fragen stellt, ist von der richtigen Antwort nicht weit entfernt", stellte Peschorn zuvor in seinem Eingangsstatement klar. Dieser erinnerte die Abgeordneten auch daran, dass ein U-Ausschuss ein "politisches Kontrollorgan" sei, die Verfassung habe diesen nicht als "Tribunal" ausgelegt.

Die Cofag und Benkos "Hütchenspiel"

Noch vor Peschorn waren zunächst einmal die Fraktionsführerinnen und Fraktionsführer mit ihren Eingangsstatements am Wort. SPÖ-Fraktionsführer Kai Jan Krainer will im U-Ausschuss der Frage nachgehen, ob die ÖVP eine "Zweiklassenverwaltung" etabliert habe, "bei der Milliardäre eine besondere Behandlung erhalten und mit Steuergeld überschüttet werden".

Den Startschuss zur Aufklärung des "Corona-Desasters der schwarz-grünen Bundesregierung" sieht wiederum FPÖ-Fraktionsführer Christian Hafenecker, der die Cofag ausleuchten wolle. Diese sei gegründet worden, um Parteigänger, Parteifreunde und Parteispender der Volkspartei zu fördern, meinte Hafenecker. Unbestritten sei für ihn außerdem, dass es einen "engen Kontakt" zwischen Benko und Ex-ÖBAG-Chef Thomas Schmid sowie Ex-Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) gegeben habe.

Anders sieht das wenig überraschend ÖVP-Fraktionsführer Andreas Hanger. Dieser hat gleich einmal an das "enge Verhältnis" von Benko zur SPÖ erinnert. Schließlich sei der rote Ex-Kanzler Alfred Gusenbauer im Sold der Signa gestanden – und zwar als Berater und im Aufsichtsrat. Eine "klassische Unvereinbarkeit" sei das. Grünen-Fraktionsführerin Nina Tomaselli meinte, dass viele auf Benko reingefallen seien, andere hätten dessen "Hütchenspiel" mitgespielt. Im U-Ausschuss will sie beleuchten, "welche Rolle die Politik beim Hütchenspiel gespielt" habe.

Finanzbeamtin zu Causa Wolf 

Als zweite Auskunftsperson für Mittwoch Nachmittag war Erika R. geladen, sie war leitende Beamtin in der Finanz und hatte auch die Aufsicht über die Großbetriebsprüfung inne. Ihre Befragung begann kurz nach 15:15 Uhr mit dem Thema Siegfried Wolf: Dem Unternehmer wird ja vorgeworfen, eine Beamtin bestochen zu haben, damit diese zu seinen Gunsten in seinem Steuerverfahren interveniert. Wolf bestreitet das und es gilt die Unschuldsvermutung.

Vor dem U-Ausschuss gab R. an, es habe drei Gründe für eine Anzeige gegeben: Das Finanzministerium habe eine Weisung ignoriert, gewusst, dass man Wolf keine "Nachsicht" gewähren wollte und auch das nicht genehmigen lassen. Nach der Anzeige habe der damalige Finanzminister Eduard Müller - damals in der sogenannten Expertenregierung Bierlein – sie gefragt, ob "alle deppat geworden" seien und sie angeschrien. Das habe R. sehr erschrocken. Müller ist mittlerweile Vorstand der Finanzmarktaufsicht.

Die zuständige Beamtin, die angeblich bestochen worden sei, sei dann auf einen anderen Posten gelangt; die Hintergründe habe R. nicht gekannt, qualifiziert für den Job sei die Frau wohl gewesen. Als sie dann von mutmaßlichen Absprachen zwischen der Frau, Wolf und dem damaligen Generalsekretär Thomas Schmid gehört habe, war ihr klar, so etwas habe sie in 40 Jahren nicht erlebt. Inhaltlich sei sie in das Wolf-Verfahren nicht involviert gewesen, so die Beamtin.

Auch zur Causa Benko wurde die Frau befragt. Da warf Schmid – als er sich entschloss, Kronzeuge werden zu wollen – ja Benko vor, ihn ebenfalls rund um sein Steuerverfahren bestochen zu haben. Da ging es etwa darum, dass das Steuerverfahren von Wien nach Innsbruck gelangt. Dass dort anders geurteilt werde, sah die Beamtin aber nicht so. Innsbruck sei keine "Steueroase", so R.

Versperrte Sicht für Medien

Für Verwunderung unter den Medienschaffenden sorgte vor Beginn ein im Ausschusslokal aufgestellter Paravent. Dieser soll Journalisten und Journalistinnen die Sicht auf die Abgeordnetenplätze versperren – damit diese nicht heimlich Informationen aus deren Unterlagen erspähen. "Das ist noch nicht optimal gelöst, um das freundlich auszudrücken", meinte SPÖ-Fraktionsführer Krainer. Dieser gab sich aber zuversichtlich, dass eine gangbare Lösung gefunden werde.

Den Vorsitz beim Auftakt der Befragungen führte übrigens nicht Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP). Er ließ sich von seinem Parteikollegen Friedrich Ofenauer vertreten. (gra, fsc, schi, 6.3.2024)