Panorama
Bergungsarbeiten am Bodensee dauern an
Zwei Leichen bislang noch nicht gefunden
Überlingen - Die Bergungsarbeiten nach dem
Flugzeugunglück am Bodensee sind am Samstag fortgesetzt worden und
werden voraussichtlich noch das ganze Wochenende dauern. Die Suche
nach den zwei noch vermissten Passagieren der russischen Tupolew ging
unvermindert weiter, während das Wegräumen der Flugzeugtrümmer wegen
strömenden Regens zeitweise unterbrochen werden musste. "Wir suchen so lange, bis wir die Leichen finden", sagte
Polizeisprecher Wolfgang Hoffmann in Friedrichshafen. Im Einsatz
seien nun auch Taucher, die den Grund eines kleinen Sees bei Aufkirch
in der Nähe von Überlingen absuchten. Dort war ein großes Teil der
Tupolew niedergegangen.
Bei dem Zusammenstoß einer Passagiermaschine und eines
Frachtflugzeugs über dem nordwestlichen Ufer des Bodensees waren am
vergangenen Montag kurz vor Mitternacht 71 Menschen ums Leben
gekommen. Unter ihnen sind 45 russische Schulkinder, die auf dem Weg
in die Ferien in Spanien waren. 69 Tote wurden bisher geborgen, zehn
identifiziert.
Am Samstag durchkämmten erneut 400 Polizisten sowie Hilfskräfte
die Getreide- und Maisfelder sowie die bewaldeten Hügel des
Absturzgebietes auf der Suche nach weiteren Überresten der
Katastrophe. "Wir wollen unbedingt vermeiden, dass später
irgendwelche Fußgänger oder Hunde noch Leichenteile finden", hieß es
bei der Polizei.
Der Abtransport der großen Flugzeugtrümmer gestaltete sich
schwieriger als erwartet. Große Teile mussten zuvor zerlegt werden.
Zudem weichte heftiger Regen zeitweise den Boden so stark auf, dass
schweres Räumgerät im Schlamm stecken blieb. Das Heck der Fracht-
Boeing konnte jedoch weggeräumt werden. Auch der Rumpf der Tupolew,
der auf einem Getreidefeld bei Überlingen-Brachenreute eingeschlagen
war, wurde bereits zum Flughafen Friedrichshafen gefahren, wo alle
Teile untersucht werden.
An dem Wrack hatten die Hinterbliebenen der russischen Opfer am
vergangenen Donnerstag bei einem Kurzbesuch Abschied von ihren
Angehörigen genommen. Blumen und Kränze bleiben an der Absturzstelle.
Die Stadt Überlingen will dort an diesem Sonntagabend bei einem
ökumenischen Gottesdienst ein Holzkreuz zur Erinnerung an die Toten
aufstellen.
Der deutsche Bundespräsident Johannes Rau will am Sonntag
Baden-Württemberg besuchen, jedoch nicht das Absturzgebiet. In
Meckenbeuren im Kreis Ravensburg, wo Rau Einrichtungen der Stiftung
Liebenau besichtigt, lässt er sich von den Bürgermeistern der
Unglücksregion und der Einsatzleitung über die Katastrophe
informieren.
In der Gemeinde Owingen bei Überlingen waren am Samstagabend eine
Messe und ein Schweigemarsch zu einer der Hauptabsturzstellen
geplant. Das Flugzeugunglück hat nach Angaben des Owinger
Bürgermeisters Günther Former eine Welle der Hilfsbereitschaft bei
den Anwohnern ausgelöst. Spontan hätten sie die Einsatzkräfte mit
Essen versorgt und Übernachtungsmöglichkeiten angeboten. Vielen werde
erst jetzt bewusst, dass sie nur knapp einer noch größeren
Katastrophe entgangen sind.
Bei dem Flugzeugunglück ist am Boden niemand verletzt worden und
nur minimaler Sachschaden entstanden, obwohl Bruchstücke der
Maschinen in einem kilometerlangen Streifen auf die Erde stürzten. (APA/dpa)