Eine verrauchte Bar um Mitternacht. Gläser klirren. Ein Vorhang gibt langsam den Blick auf die Bühne frei, die von fünf Musikern erklommen wird. Anzüge, schwarze Fliegen. Instrumentengeräusche. Bläser, Orgel, Gitarre. Die Band beginnt mit einer verlorenen Version von Alex Chiltons Take Care . Als der Sänger "Please" an den Refrain anhängt und die Orgel Schwermut verbreitet, zieht das Publikum seine Taschentücher. Es folgt The End Of The World von den Carpenters, dann Summer Kisses, Winter Tears vom King. Niemand spricht mehr ein Wort. In konsequentem Mid-Tempo spielt sich das Quintett an diesem Ort namens Sehnsucht durch Coverversionen, wie sie die Welt seit Nick Caves Kicking Against The Pricks nicht mehr gehört hat - nur besser! Die Band heißt The Blackeyed Susans und ist aus den australischen Triffids hervorgegangen. Jenem stilsicheren Missing Link zwischen Cave und den Go-Betweens, das mit dem Dedicated To The Ones We Love seine erste CD nach dem Tod von Sänger David McComb abliefert. Diese ist im Vorjahr erschienen, hat Europa allerdings eben erst erreicht und ist ob seiner erschütternden Qualität bereits als Klassiker einzustufen. Es folgen Versionen von Bob Dylans I Threw It All Away , State Trooper von Bruce Springsteen oder I Found A Reason von Velvet Underground. Rob Snarski macht in ungehörter Hingabe jeden dieser Songs zu seinem eigenen. 16 wunderbare Stücke lang öffnen die Blackeyed Susans ein Zeitloch, werden mit jedem Song noch besser. Und wenn man glaubt, dass mit Elvis' If I Can Dream ein nicht mehr zu überbietender Höhepunkt erreicht sei, legen sie noch einmal nach und holen aus Mark Knopflers Private Dancer heraus, was Tina Turner drinnen gelassen hat: alles. Der Vorhang schließt sich, lässt offene Münder und nur einen einzigen Gedanken zurück: Meisterwerk! (DER STANDARD, Printausgabe, 5.7.2002)