EU
Gysi warnt vor Sozialdumping bei EU-Erweiterung
"Das wäre nicht Stunde der Linken, sondern der Rechtsextremen"
Berlin - Die niedrigsten Standards in Europa dürfen nicht zu
gültigen Standards werden, es dürfe zu keinem Sozialdumping kommen.
Diese Forderungen angesichts der kommenden EU-Erweiterung erhob am
Donnerstag der Berliner Wirtschaftssenator Gregor Gysi (PDS) vor
ausländischen Journalisten in Berlin. Andernfalls würde die
Bevölkerung die Erweiterung ablehnen. Das wäre dann nicht die Stunde
der Linken, sondern der Rechtsextremen, warnte Gysi: "Dann kriegt man
im Wahlergebnis die Le Pens und Haiders in Europa." Wien habe Deutschland den Rang abgelaufen, sagte der
PDS-Politiker. Gerade mit Ungarn hätte es nähere Beziehungen gegeben,
mehr nicht: "Weil sie völlig aufgeschlossen an das Problem
herangegangen sind und alte Kontakte als neutrales Land genützt
haben." In Deutschland wären aber Ostberliner Eliten diffamiert und
Chancen verspielt worden. Zwölf Jahre seien dadurch "verschenkt"
worden, so Gysi. Im Hinblick auf die Bundestagswahl im September
sagte Gysi, der Lafontaine-Flügel sei der SPD auch inhaltlich
abhanden gekommen. Bundeskanzler Gerhard Schröder spiele "nicht recht
glaubwürdig" verschiedene Rollen.
Zum linken Flügel der Grünen sagte der PDS-Politiker, im Osten
gebe es sie nicht, da sie dort als Jäger und Richter wahrgenommen
würden. Im Westen "sind wir diesen Leuten kulturell fremd". Von
seiner kürzlich erfolgten USA-Reise erzielte Gysi, dass er nur nach
einer Partei gefragt worden sei, der FDP, da in Amerika viele Juden
leben.
Für die Wahl schloss der PDS-Politiker aus, dass seine Partei
Edmund Stoiber und damit die Union wählen würde. Für seine Partei gab
er sich zuversichtlich, die Fünf-Prozent-Hürde im Bundestag zu
schaffen. Er sei auch nicht allzu pessimistisch, drei Direktmandate
aus den Berliner Bezirken zu gewinnen.
Eine Bilanz zur jetzt vier Monate im Amt befindlichen rot-roten
Regierung im Berliner Senat wollte der Wirtschaftssenator nicht
ziehen. Die Stadtregierung aus SPD und PDS sei handlungsfähig, habe
aber Schwächen in der Kommunikation. Er hoffe, dass der beschlossene
Doppelhaushalt für die nächsten beiden Jahre demnächst in Kraft
treten werde: "Wir haben einen Stillstand, seit 1. Januar können wir
keine Förderungen ausgeben." Schon jetzt seien im Senat
Nachtschichten festgelegt worden, diese Förderungen auszuzahlen
sobald das Haushaltsgesetz beschlossen sei. (APA)