Salzburg - Dass sich Bürgerinitiativen, Medien und alle politischen Konkurrenten mit einem wegen Amtsmissbrauchs angeklagten Politiker solidarisieren, hat Seltenheitswert. Salzburgs Planungsstadtrat Johann Padutsch (Bürgerliste) ist dieses Kunststück gelungen. Er musste sich am Donnerstag vor einem Schöffensenat nach Paragraf 302 Strafgesetzbuch (Amtsmissbrauch) verantworten.Bauakten für Handymasten Am Beginn des grotesken Konfliktes stand die Weigerung von Padutsch, "nicht entscheidungsreife" Bauakten für Handymasten an die zuständige Baurechtsabteilung weiterzuleiten. Insgesamt acht solcher Akte blieben auf diese Weise liegen. Padutsch hatte wiederholt darauf hingewiesen, dass die Leistung der beantragten Sendeanlagen über dem Salzburger Grenzwert lägen. Der Schutz der Gesundheit stehe über den Interessen der Handynetzbetreiber, argumentierte der Planungsstadtrat. Zurückhalten der Bauakten Mit dem Zurückhalten der Bauakten geriet Padutsch allerdings ins Visier der Formaljuristen. Ausgerechnet ein Jurist der Magistratsdirektion erstattete Anzeige bei der Staatsanwaltschaft. Jene folgte der Argumentation von Gernot Fuschlberger, das Zurückhalten der Akten sei "Amtsmissbrauch" - und strengte ein Verfahren an. Fuschlberger gilt seit Jahren als "Problembeamter". Sein Hang zur extrem formalen Auslegung von Paragrafen habe schon so manchen Aktenlauf verzögert und enorm verteuert, berichten Vertreter aller Gemeinderatsfraktionen. In der aktuellen Causa steht der Jurist ziemlich allein da: Ähnlich wie Bürgerlistenklubchef Helmut Hüttinger, der betont, Padutsch habe ja nicht für sich einen Vorteil gesucht, sondern nur die Gesundheit der Bevölkerung schützen wollen, denken viele. Als Anwalt verteidigte Hüttinger seinen Parteifreund auch vor Gericht. Das Urteil stand noch nicht fest, ist aber für die weitere politische Zukunft des Grün-Stadtrates ohnehin bedeutungslos. Auch für den Fall einer Verurteilung wird sich niemand finden, der den Rücktritt des populären Politikers fordert. Unangenehm wäre eine Verurteilung von Padutsch eher für die Netzbetreiber: Die "Bürgerinitiativen zum Schutz vor Mobilfunkantennen" haben angekündigt, wieder mit Besetzungen und Demonstrationen gegen die Errichtung von Sendeanlagen zu protestieren. (neu, DER STANDARD Printausgabe 5.7.2002)