"Schillernd", sagen seine Freunde in der FPÖ, wenn sie die Persönlichkeit Ewald Stadlers beschreiben sollen. Seine Gegner schütteln den Kopf, wenn sie über den 41-jährigen, in Mäder in Vorarlberg Geborenen befragt werden. Auch in der FPÖ soll derzeit heftig geschüttelt werden, hat doch der Volksanwalt seinem Selbstbild einen erdigen Farbton hinzugefügt. Stadlers Rede anlässlich einer Sonnwendfeier dürfte sogar runenerprobten Bewahrern der Blut-und-Boden-Epik Bewunderung ob der Geläufigkeit abgerungen haben, mit der ihr metaphorischer Fundus ausgelüftet wurde. Vom "Überleben unseres Volkes" raunte rechtschaffenen Reckens Rede, "kulturelle Höchstleistungen über tausend Jahre" sah schwärmenden Stadlers Stolz eichengleich prangen im traurig trostlosen Tann des Tugendterrors. Und davon, so sinnenden Sorgers Sang, dürfe sich nicht länger pflanzen lassen, wem der Vorväter Werte heilig noch wären. Etwa die Fortpflanzung, die Stadler im Kranz der zehnköpfigen Kinderschar der befreundeten Familie Rosenkranz so vorbildlich hochgehalten sah, dass es ihn ob seines, sagen wir Nachhinkens mit bloß fünf Kindern zu einem gemütvollen Leistungsaufruf in eigenster Sache hinriss. Nicht dass Stadler im Schein des Sonnwendfeuers Selbstverleugnung betrieben hätte. Der alte Herr der schlagenden deutschnationalen Korporation "akademische Sängerschaft Skalden" (Innsbruck) hat eine Vorliebe für Altdeutsches. Die Mensur etwa sei eine Form der Ertüchtigung und "so herrlich unzeitgemäß. Mir ist alles, was konformistisch, angepasst und zeitgemäß ist, zuwider." Das merkt man seiner Karriere in der FPÖ allerdings nicht an, die recht konformistisch verlief: FP-Bezirksobmann, Gemeindevertreter, Gemeindevorstand, Landtagsabgeordneter, Klubobmann der Landespartei, Nationalratsabgeordneter, von 1998 bis 2001 stellvertretender Landesparteichef in Niederösterreich und nun Volksanwalt. Als FP-Klubchef erstritt sich Stadler den Ruf, Jörg Haiders "Dobermann" zu sein, was eher auf seinen Debattenstil als auf mangelnde Anpassungsfähigkeit an seinen Chef gemünzt war. Bei aller Verschrobenheit, die Stadlers rechtsgedrehte Tänze ausstrahlen, dürften sie doch sehr bewusst für ein bestimmtes Publikum choreografiert sein. Seine Zuwendung zum "wehrhaften Christentum" nach dem Geschmack Kurt Krenns signalisiert wie der jüngste Auftritt dem rechtsnationalen Lager in Niederösterreich, dass nach einer möglichen FP-Niederlage bei den Landtagswahlen ein Kurswechsel ansteht. Und wie sein Vorbild Jörg Haider als junger Nachwuchspolitiker in Kärnten sammelt auch Stadler zunächst einmal die um sich, die nie untreu werden. (Samo Kobenter/DER STANDARD, Printausgabe, 6./7.7.2002)