Zeit
Wo die römische Wölfin war
"Ubi erat lupa": Ein Internet-Projekt auf Fährtensuche im römisch beeinflussten Europa
Ein "auf seine Art einmaliges" Projekt, so
Kulturstadtrat Andreas Mailath Pokorny, präsentierte am
Freitag die Forschungsgesellschaft Wiener Stadtarchäologie. Die
Webplattform www.ubi-erat-lupa.org
zeigt anhand elektronisch
erfasster römischer Relikte, die mit Bildern, Information zu den
Verwahrungsorten und anderen wissenswerten Daten zugänglich sind, die
Spuren, die die römische Kultur im heutigen Europa hinterlassen hat.
Das vom Stadtarchäologen Ortolf Harl und seiner Frau Friederike
konzipierte Projekt wurde im Rahmen des EU-Förderprogramms "Kultur
2000" gefördert.
"Wo die römische Wölfin war"
"Wo die römische Wölfin war" (so die Übersetzung des
Projekt-Titels) spielt auf die Gründungslegende Roms um das
Brüderpaar Romulus und Remus an, das der Sage nach von einer Wölfin
aufgezogen wurde. Die römische Wölfin steht bei dem Projekt als
Symbol für die erste Einigung Europas durch die Ausbreitung der
römischen Kultur.
Rund 4.700 Steindenkmäler von Grabbauten, Tempeln, Militärlagern
etc. sind derzeit in der Datenbank, die hinter der Website steht,
erfasst. Die Daten sollen mit Hilfe von freiwilligen Beiträgen und
der Verlinkung mit bestehenden Datenbanken wachsen. Vor allem die
Informationen über die Verwahrorte der römischen Steindenkmäler soll
zeigen, wie "tief durchdrungen Österreich von dieser Kultur ist, die
eine der Wurzeln des heutigen Europas ist", schilderte Ortolf Harl.
"Wie der Wolf bei Rotkäppchen soll auch unsere Wölfin die User aus
dem Internet herausführen und neugierig machen, sich diese Orte
selbst anzuschauen", meinte Friederike Harl.
Latein soll den Schrecken verlieren
Auf den Reliefs der Funde bieten Darstellungen von Mode, gedeckten
Tischen, Verkehrsmitteln und Ähnlichem einen Einblick ins römische
Alltags-Leben. Im Rahmen von Schulprojekten soll auch die - wie
Mailath-Pokornys wissendes Nicken bestätigte - bei Schülern nicht
übermäßig beliebte Sprache Latein ein wenig von ihren Schrecken
verlieren, schilderte Ortolf Harl. Übersetzungen zu den Inschriften
auf den gezeigten römischen Relikten werden, teilweise von Schulen
erarbeitet, ins Internet gestellt. Und, wie Friederike Harl
schilderte, galt nicht erst im Lateinunterricht, sondern schon bei
den Römern "errare humanum est": "Teilweise sind in diesen
Inschriften fast rührende Rechtschreibfehler zu finden".
Europaweites Projekt
Das Projekt hat Partner in Deutschland, Griechenland, Ungarn,
Spanien und der Slowakei. Es ist eines von nur drei mehrjährig
geförderten Projekten im Rahmen von "Kultur 2000", weist eine
Förderquote von 60 Prozent auf und läuft bis 2005. In Zukunft sollen
auf der Website neben der derzeit möglichen normalen Datanbankabfrage
auch wissenschaftliche und, in fernerer Zukunft, auch grafische
Suchen nach bestimmten Formelementen möglich sein.(APA)