Chinas größte Öl- und Gasproduzenten PetroChina und Sinopec haben mit einem internationalen Konsortium unter Führung der britisch-niederländischen Shell AG den Bau und Betrieb einer 3900 km langen Gaspipeline von West-nach Ostchina vereinbart. Über sie sollen nach zwei Jahren Bauzeit ab Anfang 2005 jährlich zwölf Mrd. Kubikmeter Erdgas aus den Lunnan-Gasfeldern, Provinz Xinjiang, ins Jangtse-Delta zu den Verteilstationen der 16-Millionen-Einwohnermetropole Schanghai geliefert werden.

Pekings Medien feierten die 8,9 Mrd. Dollar schwere Vereinbarung zum Bau des technologisch komplizierten Megaprojekts als erfolgreiches Ende vierjähriger Verhandlungen. Die Projektkosten für die neue Pipeline sind auf 5,4 Mrd. Dollar veranschlagt, hinzu kommen 3,5 Mrd. Dollar für Erschließung und Förderung der Gasfelder. Die Gesamtkosten liegen bei 140 Mrd. Yuan (17 Mrd. US-Dollar). Die West-Ost-Pipeline, medial als "eiserner Drache" gefeiert, ist damit Chinas zweigrößtes Bau- und Investitionsvorhaben nach dem umstrittenen Drei-Schluchten-Damm.

Deutsche Unternehmen, einst bei vergleichbaren Riesenprojekten im Pipelinebau in der Sowjetunion erfolgreich, sind nicht beteiligt. Mehrere Firmen wie Siemens oder Spezialunternehmen für Maschinen bewerben sich aber um Lieferantenaufträge für Pumpstationen oder im Tunnelbau.

Auslandskooperation

Premierminister Zhu Rongji sprach vom größten chinesisch-ausländischen Gemeinschaftsprojekt seit Öffnung des Landes. Mit dem Pipelinebau öffne sich "der Vorhang zur wirtschaftlichen Entwicklung des Nordwestens". Bau und Betrieb der gesamten Strecke stünden einer "Kooperation mit dem Ausland offen". China verbietet Auslandsunternehmen aber die Beteiligung an Vermarktung oder Verkauf von Energie.

Mit 50 Prozent halten PetroChina, der riesige Erdgasfelder in Xinjiang gehören, und das Raffinerieunternehmen Sinopec (fünf Prozent) die Mehrheit am Bauprojekt. 45 Prozent entfallen zu je 15 Prozent auf Shell, die US-Gruppe Exxon Mobil und die russische Gazprom. Zur Verteilung des Investitionsrisikos führt das Konsortium Gespräche mit weiteren Partnern aus Hongkong und Russland.

Zweifel an der Wirtschaftlichkeit der Pipeline, den begrenzten Rechten des Auslandes und der Nachhaltigkeit chinesischer Gasreserven hatten die Vertragsunterzeichnungen hinausgezögert. Auch nach der Unterzeichnung blieben die Bedenken bestehen. Selbst die offizielle Regierungszeitung China Daily kritisierte die von PetroChina vorgegebenen Richtverbrauchspreise von 1,29 Yuan pro m³ Gas (15,6 US-Cents) als wettbewerbsunfähig. (Johnny Erling aus Peking/DER STANDARD, Printausgabe, 8.7.2002)