Taormina - "Wir sind bis 2010 fünftgrößter Autohersteller der Welt." - Kia-Exportchef Mark Juhn erläutert im Gespräch mit dem STANDARD, wie dieses ehrgeizige Ziel zu erreichen sei, nämlich: "Wo ein Wille, da auch ein Weg. Und wir haben einen überaus starken Willen." Weniger blumig gesagt, versucht Kia einmal mehr, die Exportmärkte aufzurollen, wobei man erneut Europa stark im Visier hat.

Das Eingangszitat relativiert sich auch dahingehend, als Kia seit 1999 Teil der Hyundai-Gruppe ist. Die Regierung hatte den hoch verschuldeten Autobauer beim Konkurrenten eingeparkt, um Kias Überleben zu sichern und vor fremdem Zugriff zu schützen: Ford war interessiert. Präzise hieße es also, ergänzt Juhn, dass - die auf Geheiß des Internationalen Währungsfonds in einer schmerzvollen Umstrukturierung befindliche - Hyundai-Gruppe zur Nummer fünf avancieren solle.

Rang neun

Mit einem Jahresabsatz von 3,3 Mio. Autos 2001 belegen die Koreaner derzeit weltweit Rang neun, angeführt wird die Liste von General Motors, Ford, Toyota, VW und DaimlerChrysler. Letzterer ist mit zehn Prozent an der Hyundai-Gruppe beteiligt, der Anteil soll auf 15 ausgebaut werden. Davon merke man im Alltag nichts, betont Juhn die Unabhängigkeit im operativen Geschäft. Und legt im internen Korea-Duell, das an das Match in der PSA-Gruppe zwischen Citroën und Peugeot erinnert, gleich nach: Von den für 2010 angepeilten fünf Mio. Neuwagen würden mehr als drei Mio. das Kia-Logo tragen. Im Vorjahr waren es 1,8 Mio. Hyundais zu 1,5 Mio. Kias, die Tendenz spricht laut Experten weiter deutlich für Hyundai.

Die bei VW abgeschaute Plattformstrategie kommt übrigens nur langsam voran. Und auch bei der Positionierung der Marken ist man sich noch nicht so sicher. Vage wird umrissen, Hyundai solle künftig die klassische Linie verkörpern, Kia die sportliche. VW gilt in Korea auch als Vorbild für die geplante Höherpositionierung der Marke.

Strategisch nicht global

Die künftige Kia-Strategie ist global ausgerichtet. In China baut man derzeit 15.000 Autos, 50.000 laut Plan ab 2003. Ein neues US-Werk soll ab 2006 jährlich 300.000 Kias für preisbewusste Amis ausspucken, eine Fertigung in Europa wird intern diskutiert. Offenbar haben die Koreaner dabei einen Standort in einem der dann neuen EU-Mitglieder in Mittelosteuropa im Sinn.

Dies und eine auf Europäer zugeschnittene Palette - Kia startet gerade eine Modelloffensive - soll den Koreanern auf die Sprünge helfen. 0,7 Prozent, rund 100.000 Autos, verkaufte Kia 2001 in Europa (in Österreich gar nur marginale 0,46 Prozent), wegen der allgemeinen Absatzflaute und der Handelsnetzumstellung sieht es heuer noch schlechter aus. Der Exportchef will sich nicht festlegen, wie es in Europa weitergeht, nur: Man werde nicht so marktschreierisch agieren wie früher. Matchen wollen die Koreaner sich dabei mit Toyota und Honda, ohne allerdings auch nur entfernt an deren enorme Finanzkraft heranzukommen.

Trotz Senkung der Importzölle auf rund acht Prozent gilt der zuletzt 1,5 Mio. Neuwagen starke koreanische Markt immer noch als abgeschottet. 99 Prozent der Autos stammen aus heimischer Produktion, 75 Prozent hält die Hyundai-Gruppe. Die 15.000 Importautos stammen großteils aus Deutschland. Das "aggressive Auftreten" der Amerikaner, den Markt für US-Fahrzeuge zu öffnen, bringt Juhn in Rage - Koreaner würden nur zuverlässige Ware kaufen: "Die sollten erst einmal ordentliche Autos bauen." (Andreas Stockinger/DER STANDARD, Printausgabe, 8.7.2002)