Addis Abeba/Wien - "Die OAU kein Erfolg?", fragt deren politischer Direktor Sam Ibok. "Damit bin ich nicht einverstanden." Sicher, nach dem Ende des Kolonialismus hätten es die Afrikaner nicht geschafft, die Organization of African Unity (Organisation Afrikanischer Einheit/OAU) adäquat einzusetzen. Dafür seien das Erbe der Kolonialherren und auch hausgemachte Probleme, vor allem schlecht funktionierende Regierungen, verantwortlich gewesen. Seit 1993 gebe es aber immerhin ein OAU-Konfliktmanagement in Afrika. "Wir versuchen etwa in Liberia und Sierra Leone Frieden zu schaffen. In Eritrea hatten wir bereits Erfolg."

Nach 40 Jahren, so der nigerianische Diplomat im STANDARD-Interview, wollten die Afrikaner nun aber nicht nur Frieden, sondern auch "good governance". "Wir wollen die Missachtung der Menschenrechte und die Korruption angehen. Eine afrikanische Zivilgesellschaft entsteht - die Zeiten ändern sich." In einer globalisierten Welt könne nur ein geeintes Afrika bestehen; statt der bloß politischen Organisation OAU brauche es die African Union (AU).

"Die EU ist ein Vorbild für uns", erklärt Ibok. So wie in Brüssel soll es in der AU einen Rat der Staats- und Regierungschefs geben, einzelne Ministerräte, eine Kommission und ein panafrikanisches Parlament. "Wir versuchen aber auch, die Systemfehler der EU zu vermeiden, in der AU soll das Parlament und nicht die Kommission die legislative Funktion haben." Auch ein afrikanischer Gerichtshof sei geplant. Ibok: "Wir geben uns fünf Jahre Zeit, um diese Institutionen zum Arbeiten zu bringen."

Über die Finanzierung der AU könne man zurzeit noch nichts sagen. Sicher sei nur, so der Diplomat, dass allein Beiträge der Mitgliedsstaaten nicht ausreichen werden. Andere Geldquellen müssten gefunden werden. Eine Finanzierung durch den libyschen Präsidenten Muammar al-Gaddafi habe die Deckung der ersten Kosten sichergestellt. "Deswegen ist Gaddafi aber nicht der Vater der AU", so Ibok. "Über diese Union wird schon seit 1963 geredet. Gaddafi wollte Präsident von Afrika werden, die AU ist nicht das, was er ursprünglich angestrebt hat."

Zur Frage der Gleichheit der 53 afrikanischen Staaten in der AU erklärt der OAU-Direktor: "Alle Tiere sind gleich, und manche sind gleicher." Es werde so etwas wie einen "Sicherheitsrat" der AU geben, in dem wechselnde Mitglieder mit den Großen des Kontinents (Algerien, Nigeria, Ägypten, Südafrika) wichtige - vor allem finanzielle - Entscheidungen treffen sollen.

Dass die AU einer vielleicht übertriebenen Hoffnung auf die "afrikanische Renaissance" entsprungen sein könnte, ist für Sam Ibok nicht unbedingt von Bedeutung: "Das Schlechteste wäre es, nichts zu tun." Die Afrikaner müssten ihr Haus selbst in Ordnung bringen. Es bedürfe der Aktivität statt des Wartens auf die USA oder die EU - kurz: "Afrikanische Lösungen für afrikanische Probleme." Nur dann könne Afrika in der Globalisierung bestehen: "Niemand wird uns weiter ignorieren können, denn unsere Ressourcen werden gebraucht, und der afrikanische Markt ist groß. (Christoph Prantner/DER STANDARD, Printausgabe, 8.7.2002)