Wien - "Diskriminierungen sind in Österreich noch immer ein Kavaliersdelikt, obwohl sie eine schwere Menschenrechtsverletzung darstellen", stellt Heinz Patzelt, Generalsekretär von Amnesty International, fest. Neben der fehlenden gesetzlichen Handhabe wäre daher eine breite gesellschaftliche Bewusstseinsbildung überfällig. Seitens der Bundesregierung gebe es aber noch nicht einmal einen Entwurf für das dringend nötige Antidiskriminierungsgesetz, das ab Juni 2003 EU-weit verpflichtend sein wird.Was in den Ministerien und im Nationalrat bisher verabsäumt wurde, nahm die Zivilgesellschaft in die Hand: Seit März 2001 liegt ein fertiger Entwurf für ein solches Gesetz von Dieter Schindlauer vom Ludwig Boltzmann Institut für Menschenrechte vor. Bei der Pressekonferenz der Antidiskriminierungskampagne der Österreichischen HochschülerInnenschaft (ÖH), "Stop Discrimination!", mit VertreterInnen der Hosi, SPÖ und Grünen - ÖVP und FPÖ blieben der Einladung fern - bezeichnete Schindlauer den Entwurf als "einen von vielen möglichen Entwürfen". Als Grundlage diente ein Katalog von Diskriminierungen aufgrund von angedichteten oder irrelevanten Merkmalen wie Geschlecht, Hautfarbe, Sprache, Nationalität, Behinderung sowie sexueller, religiöser oder politischer Orientierung. 209er als Bremse "Es ist nicht einer von vielen, sondern der einzige Entwurf, über den man diskutieren kann, da es keinen anderen gibt", ergänzte die Grünen-Menschenrechtssprecherin Terezija Stoisits. Warum in den Ministerien diesbezüglich nichts passiere, sei ihr klar: "Es war total peinlich, Antidiskriminierung zu diskutieren, solange es den 209er gab." Stoisits und Patzelt befürchten, dass die Regierung - ähnlich wie im aktuellen Fall der Ersatzregelung für den 209er - "am 32. Dezember 2003" (Patzelt) ein Schnellschussgesetz vorlegen wird, das dann nicht mehr öffentlich diskutiert werden könne. (cms, D ER S TANDARD , Print-Ausgabe, 9.7. 2002)