Mensch
Zwischendurch die Küche plündern
Gesellschaft für Ernährungsmedizin und Diätetik tippt beim "Nacht-Essen-Syndrom" auf hormonelle Ursachen
Wien/Bad Aachen - An nächtlichen Besuchen beim Kühlschrank
ist nicht immer nur ungezügelter Appetit schuld. Es kann sich auch um
eine hormonelle Störung handeln, die möglicherweise durch Stress
ausgelöst wird, erläuterte Daniela Rösler, Ernährungswissenschafterin
der Gesellschaft für Ernährungsmedizin und Diätetik (DIET) in Bad
Aachen am Montag. In einer Studie sind die neuroendokrinologischen Muster von fünf
Frauen mit "Nacht-Essen-Syndrom" untersucht worden. Als
Kontrollgruppe dienten fünf weibliche Personen, die ein solches
Verhalten nicht zeigen. Während der siebentägigen Testphase
überwachten die Wissenschafter die Häufigkeit des nächtlichen Essens
und verschiedene Blutparameter.
Küche pilgern
"Nachtessen" bedeutet, dass mehr als die Hälfte der täglichen
Nahrungsaufnahme nach 20.00 Uhr stattfindet. Die Betroffenen erwachen
ein- oder mehrmals, um in die Küche zu pilgern. Bei den
"Nacht-Essern" kam es in der Testphase im Schnitt drei Mal zu
nächtlichen "Übergriffen" auf den Kühlschrank, während in der
Kontrollgruppe ein solches Ereignis nicht auftrat. Die Ergebnisse
zeigten eine signifikante Abnahme der untersuchten
neuroendokrinologischen Parameter bei den "Nacht-Essern".
Die Forscher vermuten, dass der Organismus der Betroffenen nicht
angemessen auf Stress reagieren kann. Der Körper scheint in diesen
Fällen Stoffe zu produzieren, die eine Störung der "inneren Uhr"
verursachen, so dass es nachts zu Hungergefühlen kommt. Die
Verbindungen zwischen diesen beiden Systemen des Körpers sind noch
nicht genau bekannt.
Die Studie zeige, dass mitternächtliche Exkursionen zum
Kühlschrank nicht zwangsläufig einen Mangel an Willensstärke
darstellen, betonte Rösler. Menschen, die oft unter Stress stehen und
häufiger in der Nacht Hunger verspüren, sollten nicht an sich selbst
zweifeln. Sie können versuchen, durch das Erlernen von
Entspannungstechniken wieder in den Genuss von durchschlafenen
Nächten kommen. (APA)