Wirtschaft
Doralt kritisiert "Missbrauchs- konstruktionen" bei Stiftungen
Finanzrechtler sieht "milliardenschwere Steuerausfälle"
Wien - Der Wiener Universitätsprofessor Werner Doralt vom
Institut für Finanzrecht kritisiert "Missbrauchskonstruktionen bei
Firmenumgründungen und Stiftungen". Dem heimischen Fiskus würden
dadurch Milliardenbeträge entgehen. Selbst im Finanzministerium werde
in diesem Zusammenhang von einer "gesetzlich erlaubten
Eigenkapitalvernichtung" gesprochen, die aber das
Umgründungssteuergesetz (UmgrStG) zulasse. So könnten bei der Einbringung von Einzelunternehmen in eine
Kapitalgesellschaft Verbindlichkeiten gegenüber dem Gesellschafter
beliebig begründet und so Eigenkapital willkürlich gegen Fremdkapital
ausgetauscht werden, beanstandet der Finanzrechtler. Die Zahlungen
seien dann beim Gesellschafter steuerfreie Darlehensrückzahlungen
statt steuerpflichtiger Gewinnausschüttungen. Der Gesellschafter
erspart sich die Kapitalertragsteuer von 25 Prozent, so Doralt.
War ein Unternehmen vor der Einbringung beispielsweise 2 Mill.
Euro wert, ist es danach mit einer Verbindlichkeit von 1 Mill.
gegenüber dem Gesellschafter nur mehr die Hälfte wert, erläutert
Doralt.
Insiderwissen
Milliardenverluste habe auch das Insiderwissen einzelner
Steuerberater hinsichtlich der steuerlichen Anerkennung von
Buchverlusten bei Firmenumwandlungen verursacht. Nur Steuerberater
mit guten Kontakten zum Finanzministerium hätten davon gewusst und
dieses Wissen für ihre Klientel nutzbar gemacht. Erst als der
Missbrauch aufgeflogen sei, sei er abgestellt worden. Alleine daraus
seien "Milliardenverluste" entstanden, so Doralt.
Bei Stiftungen habe das Finanzministerium jetzt "neue
Begünstigungen" zugelassen: Eine Stiftung kann ein Wohngebäude
errichten und dem Begünstigten unentgeltlich zur Nutzung überlassen.
Dieser zahlt dann anstatt 25 Prozent von den Errichtungskosten nur
Kapitalertragssteuer vom jährlichen Mietwert des Wohnhauses. Da die
Stiftung aus ihren steuerfreien Einkünften sämtliche
Errichtungskosten und Erhaltungsaufwendungen finanzieren kann, ergibt
sich ein beträchtlicher Steuervorteil. Ähnlich könne die Stiftung aus
dem steuerfrei angesammelten Kapital dem Begünstigten statt einer
Kapitalzuwendung ein zinsenfreies Darlehen gewähren.
"Zweck der Stiftung ist aber nicht, den Begünstigten steuergünstig
Nutzungsrechte zu verschaffen, sondern Kapital in der Stiftung zu
sammeln. Die Auffassung des Finanzministeriums widerspricht damit
auch den Vorgaben des Gesetzgebers".
"Politische Kontrolle praktisch nicht möglich"
Verborgen von der bereiten Öffentlichkeit würden im
milliardenschweren Nischenbereich der Firmenumgründungen und
Stiftungen "Missbrauchskonstruktionen zugelassen, weil die Materie zu
kompliziert und daher eine politische Kontrolle praktisch nicht
möglich ist", so Professor Doralt. (APA)