Mensch
Was bleibt, ist ein Fettfleck in der Unterhose
Pillen, die die Fettaufnahme hemmen, haben Nebenwirkungen - Grazer Studie stellt den "Wundermitteln für die Bequemen" jedoch ein gutes Zeugnis aus
Graz - Die Österreicher essen zu viel und zu fett: Jeder
Siebente über 20 gilt als übergewichtig, jeder Zwölfte, bzw. rund
eine halbe Million Österreicher leidet an krankhaftem Übergewicht mit
einem Body Mass Index über 30. Ihnen kann - vorausgesetzt sie sind
auch zu einer umfassenden Änderung ihrer Essgewohnheiten bereit -
mit Hilfe von Medikamenten beim Abnehmen durchaus geholfen werden. Eine unter der Leitung der Universität Graz durchgeführte Studie
ergab, dass mit Unterstützung von Fettaufnahme-Hemmern ein
signifikanter Gewichtsverlust zu erzielen ist, der zum Weitermachen
motiviert.
Das "Wundermittel"
Die Studie wurde in Auftrag gegeben, um die Wirksamkeit des
Fettaufnahme-Hemmers "Orlistat" - der Wirkstoff des Medikamentes
"Xenical" - in der Praxis zu dokumentieren. Sie wurde in neun Ländern
(Österreich, Deutschland, Belgien, Frankreich, Schweiz, Kanada,
Mexiko, Brasilien und Australien) durchgeführt.
"Xenical" erwarb sich den Ruf als Wundermittel für diejenigen, die auf bequemem Wege abnehmen wollen - sprich: weder Diät halten noch vermehrt Sport betreiben wollen. Der enthaltene Wirkstoff Orlistat hemmt Lipase, also dasjenige Enzym, das die Fettverdauung im Dünndarm besorgt. Da das Enzym durch die Einnahme der Orlistat-Pille nicht mehr wirken kann, wird ein Großteil des eingenommenen Fetts unverdaut ausgeschieden. Sichtbarste Nebenwirkung: ein Fettfleck in der Unterhose - denn nicht immer kündigt sich der automatisch dünner werdende Stuhl rechtzeitig an ...
"Xenical" ist daher auch keineswegs dazu angetan, bisherige falsche Ernährungsgewohnheiten weiterzuführen und damit auch noch ungestraft davonzukommen. Vielmehr wird empfohlen, seine Einnahme mit einer umfassenden Ernährungsumstellung in Richtung fettarme Kost zu verbinden.
Zahlen
Die 430 Teilnehmer der Grazer Studie konnten ihr Gewicht um durchschnittlich
acht Kilogramm innerhalb von drei Monaten und um 11,6 Kilo innerhalb
eines Jahres reduzieren. "Dies ist gleich bedeutend mit einer
Verminderung des Bauchumfanges um beinahe elf Zentimeter", so der
Grazer Studienleiter und Chef der Grazer Stoffwechselambulanz,
Hermann Toplak.
Dieses Ergebnis sei deshalb so erfreulich, da Fettansammlungen im
Bauchbereich die Wirkung des Insulins verstärken und letztlich zu
einer Erhöhung von Blutzucker und Cholesterin sowie Bluthochdruck
führen. Eine Reduktion des Bauchumfanges um nur einen Zentimeter
senke hingegen das Risiko für Gefäßerkrankungen, Bluthochdruck und
Diabetes um fünf Prozent.
"Sehr ermutigend"
Die stark übergewichtigen Männer und Frauen (mit einem Body Mass
Index von über 30 bis 43) wurden ein Jahr lang beobachtet. Zusätzlich
zum Medikament erhielten die Patienten auch eine Diät-Beratung.
Dokumentiert wurde dann sowohl der Gewichtsverlust als auch der
Bauchumfang, Blutdruck und die Blutfettwerte, die "deutlich
verbessert" werden konnten. Das LDL-Cholesterin war nach einem Jahr
um knapp elf Prozent, der Gesamtcholesterinspiegel um rund sieben
Prozent gesenkt worden.
Der größte Gewichtsverlust wurde im ersten Monat beobachtet; er
betrug durchschnittlich 4,1 kg. Drei Viertel der Studienteilnehmer
erzielten während der ersten drei Monate eine Gewichtsreduktion von
rund acht Kilo. "Eine Reduktion in dieser Höhe bedeutet eine klinisch
nachweisbare Verbesserung des allgemeinen Gesundheitszustandes sowie
auch eine subjektive Erhöhung der Lebensqualität", so Toplak, der die
Resultate als "sehr ermutigend" bezeichnete.
Deutliche Verbesserungen
Die Einnahme des Medikamentes führe "zusammen mit fettreduzierter
Ernährung und Bewegung, zu einer deutlichen Verbesserung der
Ergebnisse der Gewichtsreduktion, insbesondere einer Reduktion des so
wichtigen Bauchfettes, und zu einer günstigen Beeinflussung der damit
verbundenen Risikofaktoren wie Blutfette, Bluthochdruck und Diabetes
mellitus", resummiert Toplak.
Seit seiner Marktzulassung 1998 wurden weltweit 11,5 Millionen
Menschen mit "Xenical" behandelt. Als Medikament zur
Gewichtsreduktion ist es in 149 Ländern zugelassen. (APA)