Diskurs
Fischers Khol
Wer heute im Nationalrat Fragen stellt, muss sich an eine neue Kultur gewöhnen - ein Kommentar von Peter Pilz
Heinz Fischer ist Nationalratspräsident und liebt die Ruhe im Haus. Ewald Stadler ist Volksanwalt und liebt Krawall. Gestern musste Heinz Fischer entscheiden, ob unser Dringlicher Antrag zur Causa „Stadler“ im Plenum des Nationalrates zugelassen wird. Der Antrag diente einem simplen Zweck: Da Wolfgang Schüssel nicht erklären will, ob Stadler zurücktreten soll, soll er dem Nationalrat genau das erklären müssen. Der ÖVP war das unangenehm. Andreas Khol intervenierte, und Heinz Fischer gab nach. Inhaltlich sei unser Antrag zulässig, aber er wolle Eskalationen im Hohen Haus vermeiden. Der Präsident hat sich gegen Redefreiheit und für Ruhe entschieden. Heinz Fischer hat falsch entschieden.
Abgewürgt hat die Debatte aber Andreas Khol. Sein Kalkül ist einfach: Jede Information und jede Diskussion kann der Regierung schaden. Daher müssen beide auf ein Minimum beschränkt werden. Wer heute im Nationalrat Fragen stellt, muss sich an eine neue Kultur gewöhnen. Egal ob Kanzler, Innenminister, Vizekanzlerin oder Justizminister – es wird nicht mehr geantwortet, sondern nur noch zurückgeredet.
Der Unterausschuss zur Kontrolle der Staatspolizei ist längst zur Farce verkommen. Der Unterausschuss zur Kontrolle der Heeresnachrichtendienste wird zu Hubschrauberflügen eingeladen.
Sachliche Auskünfte erhält er nur zu Fragen, die niemand gestellt hat. Dem Nationalen Sicherheitsrat werden Informationen und Unterlagen systematisch vorenthalten. Die Desinformation steht unter besonderer Vertraulichkeit. Jedes Mitglied von Ausschüssen und Rat wird vereidigt und anschließend für dumm verkauft. Als ich vorgestern im Sicherheitsrat einige der Abfangjäger-Akte, die mir verweigert worden waren, selbst vorlegte, drohten Bundeskanzler und Verteidigungsminister mit dem Staatsanwalt. Es stimmt: Macht braucht Kontrolle, und Kontrolle braucht Öffentlichkeit. Daher werde ich demnächst öffentlich berichten, wie es in den Kontrollausschüssen und im Sicherheitsrat zugeht.
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