Netzpolitik
Musiker kehren wieder zu Plattenfirmen zurück
Viele Künstler setzen nach der Internet-Euphorie wieder auf die "Investment-Banker des Musikgeschäfts"
Es war die Vision der uneingeschränkten
künstlerischen Kontrolle und damit Freiheit: Musik wird via Internet
vom Künstler selbst direkt vermarktet, der etablierte Apparat der
Musikindustrie einfach ignoriert. Prince verdient damit nach eigenen
Angaben nicht schlecht. Doch Interpreten ohne großen Namen gehen im
inzwischen riesigen Musikangebot im Netz einfach unter. Neue Künstler
wie Ashanti setzen daher auf die Unterstützung der Musikindustrie.Milliarden von Dollar
"Man braucht ein Dach, unter dem die Vermarktung, das Promo-Zeugs,
die Radio- und Netzwerkbeziehungen koordiniert werden", sagt die neue
R&B-Sensation Ashanti, die in diesem Jahr das nach ihr benanntes
Debütalbum eine Million Mal verkaufte. "Und das Geld: Millionen und
Milliarden von Dollar, die in die einfachsten Dinge gehen:
Foto-Termine, Werbematerial, die CDs - einfach alles."
Die "Investment-Banker der Musikindustrie"
Danny Goldberg, Chef des Independent-Labels Artemis Records,
präsentiert denn auch das neue Selbstbewusstsein von Plattenfirmen
als "Investment-Banker der Musikindustrie". "Die Herausforderung
besteht darin, Künstler hervorzuheben", erklärt er. "Neuen Künstlern
zum Durchbruch zu verhelfen, ist wirklich schwer." Denn Künstler im
Internet gibt es wie Sand am Meer. Ohne Marketing, Beziehungen und
dem Drehen an den richtigen Knöpfen passiert überhaupt nichts, sagt
der ehemalige Vorsitzende bei Mercury und Warner Records. Zu
Goldbergs Künstlern bei Artemis gehören Steve Earle, Rickie Lee Jones
und die Baha Men.
Musik ging in der Masse unter
Josie Diels, Sängerin der sechsköpfigen New Yorker Band Bouva,
kennt diese Probleme aus erster Hand - und aus der Perspektive von
Künstlern ohne Plattenvertrag. "Ich würde ja den unabhängigen Weg
gehen, wenn ich eine Schatztruhe voller Geld hätte", erklärt sie. Als
Webseiten wie MP3.com aufkamen, habe sie sich voller Enthusiasmus
darauf gestürzt, Lieder von Bouva in das Angebot solcher Musikportale
zu bringen. Sie gingen einfach in der Masse unter, bilanziert sie
bitter. "Es gibt so viele Künstlerseiten - aber wer interessiert sich
dafür? Im Internet geht man inmitten der unzähligen Künstler aus
aller Welt unter." Der Trick bestehe darin, sich von den anderen
abzuheben.
Vom Web geförderte Musikerkarrieren sind die Ausnahme geblieben:
Transmatic, Brooke Allison und Fisher zum Beispiel. Zum Star ist auf
diesem Weg noch niemand aufgestiegen.
Die Verwirklichung des Traums war zum Greifen nah
Dabei schien die Verwirklichung des Traums mit den neuen
Technologien zum Greifen nah. Clint Black, der sich in der Recording
Artists Association engagiert hat, hält noch an der Vision fest, dass
Konsumenten beim Künstler direkt per E-Mail ihre Musik ordern. "Ich
gehe zu
clintblack.com
und kann da eine CD mit zwölf Liedern
für zwölf Dollar haben - und ich muss dafür noch nicht einmal das
Haus verlassen."(APA/AP)