Europa
NPD-Verbotsverfahren droht zu scheitern
Länder-Innenminister wollen keine zusätzlichen Namen nennen - Enttarnung der V-Leute befürchtet
Berlin - Der Verzicht der Länder auf eine Enttarnung
weiterer V-Leute hat die Diskussion um die Fortsetzung des
NPD-Verbotsverfahrens in Deutschland neu angeheizt. Die FDP forderte
am Mittwoch Regierung, Bundestag und Bundesrat auf, ihre
Verbotsanträge zurückzuziehen. Das Bundesinnenministerium sieht die
Erfolgschancen vor dem Bundesverfassungsgericht dagegen nicht
beeinträchtigt. Ähnlich äußerten sich die im Bundesrat federführenden
Landesregierungen Bayerns und Niedersachsens. Das Verfassungsgericht hatte das NPD-Verfahren im Jänner vorläufig
gestoppt, weil bekannt geworden war, dass in den Verbotsanträgen
Äußerungen von V-Leuten als Beweis aufgeführt sind. Bis zum 31. Juli
müssen Bund und Länder eine schriftliche Stellungnahme dazu in
Karlsruhe einreichen. Am 8. Oktober findet eine Anhörung im Gericht
statt, anschließend fällt die Entscheidung über die Fortsetzung des
Verfahrens.
Wie das bayerische Innenministerium am Mittwoch bestätigte, hatten
sich die Innenminister der Länder bereits Anfang Juni darauf
verständigt, die Namen der V-Leute weiter geheim zu halten. Damit
wolle man verhindern, dass auch die NPD von der Tätigkeit der
Verfassungsschutz-Informanten Kenntnis erhält.
Der Sprecher des niedersächsischen Innenministeriums, Jürgen
Wittenberg, sagte, die Länder sähen "weiter die Notwendigkeit des
Quellenschutzes". Die Prozessvertreter würden noch an der aus
Karlsruhe erbetenen Stellungnahme arbeiten. Dabei sei es schwierig
die Interessen aller 16 Länder unter einen Hut zu bringen. Man wolle
dem Gericht die Arbeit so einfach wie möglich machen und zugleich
darauf achten, dass Personen nicht gefährdet würden.
Der Sprecher des Bundesinnenministeriums, Rainer Lingenthal, sagte
in Berlin, er sehe "keinerlei Beeinträchtigung" des
Verbotsverfahrens. Die V-Leute des Bundesverfassungsschutzes in den
NPD-Verbotsanträgen sind nach Angaben des Innenministerium bereits
bekannt. Lingenthal sagte, es sei nun Sache der Länder, ob sie die
Namen ihrer V-Leute in Karlsruhe preisgeben wollen.
Das Verfassungsgericht hatte die Antragsteller unter anderem
aufgefordert mitzuteilen, welche Führungsfunktionäre der NPD seit
1996 mit Verfassungsschutzämtern, der Polizei und Nachrichtendiensten
zusammenarbeiteten. Falls die Angaben nicht gemacht werden könnten,
müssten Gründe dafür angegeben werden. (APA/AP)