Wie ein Phönix soll der afrikanische Kontinent nun aus seiner Asche auferstehen. Nach Jahrhunderten der Unterdrückung durch Europäer und Jahrzehnten eigener Unfähigkeit werde sich Afrika mithilfe seiner frisch geschaffenen Union in neue, bisher unerreichte Höhen schwingen: Geht es nach Südafrikas Präsident Thabo Mbeki, brechen Demokratie und Frieden, Gerechtigkeit und Wohlstand länderübergreifend in Bälde aus. Mit dem Wechsel von der verblichenen "Organisation afrikanischer Einheit" (OAU) zur "Afrikanischen Union" (AU) soll durch den gesamten geschundenen Kontinent, der in den internationalen Schlagzeilen hauptsächlich mit Katastrophen, Kriegen und Korruptionsskandalen präsent ist, ein Ruck in Richtung bessere Zukunft gehen.

Schön wär's, und wünschenswert auch, doch ein gehöriges Maß Skepsis ist angebracht: Dem afrikanischen Phönix fehlen derzeit noch die Flügel. Auch die OAU hatte einst hochfliegende, fast schon großspurige Demokratisierungspläne, umgesetzt wurden diese Vorhaben jedoch nur in den seltensten Fällen. Das afrikanische Hauptproblem ist und bleibt die - sagen wir es sanft - Unfähigkeit seiner herrschenden Eliten. Die meisten politischen Führer stammen noch aus der Zeit der Unabhängigkeitskriege. Leute wie Namibias Staatschef Sam Nujoma, Kenias Daniel arap Moi oder der anerkannte Bösewicht aus Simbabwe, Robert Mugabe, sind heute nicht mehr in der Lage, ihre Staaten nach den Regeln des "good governance" zu führen: Nepotismus und Tribalismus, Wahlbetrug und teilweise staatlich organisierte Kriminalität drücken jedem demokratisch orientierten Aufbegehren die Augen zu.

Diese alten Herren sind zum Rücktritt unfähig, Machtausübung wird zum eitlen Selbstzweck, potenzielle Nachfolger werden in den Busch geschickt. Ausnahmen bestätigen da die Regel: Eine Lichtgestalt wie Südafrikas Nelson Mandela, wegen seiner Ausstrahlung wohl der meistgeliebte Politiker der Welt, lebte verantwortungsvolle Staatsführung geradezu vor.

Dennoch wäre es falsch, die neue Afrikanische Union von vornherein als Totgeburt abzuqualifizieren. Mit Staatschefs wie Thabo Mbeki, dem Nachfolger von Mandela, kommt eine neue, perfekt ausgebildete und blitzgescheite Generation an die Macht, die Probleme pragmatisch zu lösen vermag und nicht den persönlichen Vorteil sucht. Schon das ehrgeizige Programm für afrikanischen Wiederaufbau (Nepad), für das Mbeki verantwortlich zeichnet, ist ein kluger Ansatz, den Kontinent wirtschaftlich wieder neu zu beleben.

Allein werden die afrikanischen Staaten diesen Kraftakt der Wiederbelebung allerdings kaum schaffen, Afrika wird auch künftig von der Hilfe der Industriestaaten abhängig sein. Doch die G-8-Staaten haben sich vor wenigen Wochen auf Hilfsmaßnahmen verständigt, gut regierte Länder sollen unterstützt und als eine Art Demokratielokomotive eingesetzt werden. Greifen diese Pläne, steht dem wunderschönen afrikanischen Kontinent tatsächlich eine bessere Zukunft ins Haus.(DER STANDARD, Printausgabe, 11.7.2002)