Wien - Längst sind Umweltschutz und Jugendangelegenheiten nicht mehr in einem Ministerium zusammengefasst - aber an einem langen Sitzungstag des Parlaments kamen die beiden Materien noch einmal gemeinsam in Behandlung. Die Umwelt zuerst: Am Vormittag, als die Nationalratsdebatte im Fernsehen übertragen wurde, war eine willkommene Gelegenheit für den Wettstreit, wer wohl die bessere Antiatompolitik mache.Die ÖVP, die den Umweltminister stellt? Oder die FPÖ, die wegen des Atomkraftwerks Temelín sogar ein Veto gegen die EU-Osterweiterung einlegen will? Oder die SPÖ, die mit der Regierung aus diesem Grund keine gemeinsame Sache machen will? Oder die Grünen, die als angestammte Umweltpartei dafür gesorgt haben, dass der plakative Antrag der Regierungsparteien schließlich doch Substanz (nämlich eine angedeutete Finanzhilfe) erhalten hat? Paragraf 207b Während diese politische Schönheitskonkurrenz im Hohen Haus lief, wurde außerhalb die der abendlichen Beratung vorbehaltene Materie Sex thematisiert - genauer der Paragraf 207b des Strafgesetzbuches, der den diskriminierenden "Schwulen-Paragrafen" 209 ersetzen soll. In der eigentlichen Debatte wurden bekannte Positionen wiederholt: Für die SPÖ sagte Andrea Kuntzl, es sei "skandalös, dass neue strafrechtliche Bestimmungen geschaffen werden, die dazu führen, dass Jugendliche wegen Liebesbeziehungen kriminalisiert werden." Aus Sicht der SPÖ ist die Jugend bereits ausreichend vor sexuellen Übergriffen geschützt - jede weitere Einschränkung sei illiberal. Die ÖVP-Justizsprecherin Maria Fekter sieht dagegen "Lücken im Strafgesetz, wenn es um den Missbrauch Jugendlicher geht, insbesonders bei Sex unter einer Zwangslage, sexueller Ausbeutung gegen Entgelt und Ausnützung nicht reifer und einsichtsfähiger Jugendlicher". Nun wolle man auch ältere, aber immer noch kindliche Mädchen und Buben vor Missbrauch schützen. Fekter wies den Vorwurf zurück, das Strafrecht menge sich in Liebesbeziehungen ein - "natürliche sexuelle Erfahrungen Jugendlicher, die ab 14 straffrei sind", werden das auch bleiben. Schnelldurchlauf Garniert wurde die Debatte noch mit einer dringlichen SPÖ-Anfrage wegen des Eurofighter-Kaufs - wobei Finanzminister Grasser Meldungen zurückwies, die Jets würden 2,4 Milliarden Euro kosten - und weiteren Umweltthemen, die in früheren Zeiten allein tagelange Diskussionen gefüllt hätten. Das Bundesluftreinhaltegesetz wurde novelliert - mit der für jeden Kleingartenbesitzer relevanten Bestimmung, dass "biogenes Material" (etwa Laub und Äste) nicht mehr außerhalb von genehmigten Anlagen verbrannt werden darf. Auch Geruchsbelästigungen (etwa von Gasthausküchen) müssen unterbunden werden. Grüne und SPÖ stoßen sich in diesem Zusammenhang an den Landwirtschaftsprivilegien - selbst große Bauernhöfe dürfen weiter stinken, so viel sie wollen. (cs, cms, D ER S TANDARD , Print-Ausgabe, 11.7. 2002)