Wien - Für die von der Bundesregierung geplante Steuerreform im kommenden Jahr sieht der Vorsitzende des Staatsschuldenausschusses, Helmut Frisch, keinerlei budgetären Spielraum.Im Gegenteil, seien doch weitere massive Ausgabensteigerungen zu befürchten, da eine Lohnrunde bei den Beamten, ein neuer Schub an Frühpensionierungen sowie wesentlich höhere Kosten für das Karenzgeld anstünden. Dadurch würden die Einnahmeneffekte des um 0,7 Prozentpunkte höheren Wirtschaftswachstums 2003 aufgebraucht. Zur Wiedererreichung des Nulldefizits im Jahr 2003 sei so gesehen auch ohne eine Steuerreform ein "finanzpolitisches Kunststück" nötig, sagte Frisch. Warten auf Aufschwung Über den Konjunkturzyklus hinweg sollte jedoch weiterhin ein ausgeglichener Haushalt angestrebt werden, fordert Frisch. Eine Steuerreform könne dann ins Auge gefasst werden, wenn es zu einem dauerhaften Konjunkturaufschwung - vor allem auch in Deutschland - komme. Österreich sei schließlich ein "Konjunkturnehmer", und könne nicht unabhängig von internationalen Entwicklungen agieren. Heimische Wirtschaftsforscher gehen derzeit davon aus, dass schon 2004 der Höhepunkt des Konjunkturaufschwunges mit einem Wachstum von rund drei Prozent erreicht sein wird und es im Jahr 2005 bereits wieder zu einer "merklichen" Abkühlung von rund einem Prozentpunkt kommen wird. In diesem Zusammenhang empfiehlt der Staatsschuldenausschuss mittelfristig eine "strukturelle Steuerreform" zur Standortattraktivierung. Elemente einer solchen Strukturreform seien Investitionsförderungen und Anreize zur Erhöhung der Forschungsquote. Darüber hinaus müsse der Faktor Arbeit sowohl bei den Lohnnebenkosten als auch bei der Lohnsteuer entlastet werden sowie eine Verwaltungsreform, die die Länder einschließt, angegangen werden. Bisher seien lediglich auf Bundesebene Anstrengungen zu einer Verwaltungsreform gemacht worden. Heuer wieder Defizit Im heurigen Jahr bleiben durch die Konjunkturflaute die Steuereinnahmen um 1,5 Mrd. Euro hinter den Prognosen zurück. Gleichzeitig steigen die Budgetausgaben durch die triste Situation auf dem Arbeitsmarkt massiv an - schätzungsweise um bis zu 500 Mio. Euro. Unterm Strich werde das Budgetdefizit daher wieder auf 0,4 bis 0,6 Prozent vom Bruttoinlandsprodukt (BIP) steigen, schätzt Frisch. Dadurch steigt naturgemäß auch wieder die Gesamtverschuldung Österreichs an, die im Jahr 2001 bei 61,7 Prozent vom BIP lag. Noch nicht eingerechnet ist hier die Revision durch Eurostat durch die Nichtanerkennung von Schuldenauslagerungen aus dem Budget, was die Quote um 1,2 Prozentpunkte in die Höhe treibt. Nur Italien, Belgien und Griechenland haben einen höheren Verschuldungsgrad als Österreich. In absoluten Zahlen ist der heimische Schuldenberg 130 Mrd. Euro hoch. Das entspricht einer Pro-Kopf-Verschuldung von rund 16.700 Euro. (miba, DER STANDARD, Printausgabe 12.7.2002)