Wirtschaft
Basel II: Umsetzung bis Ende 2006
Ausnahmen für Kredite an Kleinbetriebe fix - Grasser macht Druck auf Banken
Basel/Hongkong/Wien - Die unter dem Namen "Basel II"
zusammengefassten neuen Eigenkapitalregeln für Banken sollen bis Ende
2003 verabschiedet und bis Ende 2006 in Kraft gesetzt sein. Das
teilte der Basler Ausschuss für Bankenaufsicht am Mittwoch mit. Die Regeln wurden in mehrjähriger Arbeit im Rahmen des Ausschusses
von Aufsichtsexperten aus 13 Ländern erarbeitet und haben zum Ziel,
die Geschäftsbanken gegen externe Schocks stärker abzusichern. Im
Wesentlichen geht es darum, dass die Banken genügend Eigenmittel
halten, um etwa auch gegen Kreditausfälle gesichert zu sein. In Deutschland hatte es Befürchtungen gegeben, dass die neuen
Regeln die Kreditkosten für kleine und mittlere Unternehmen stark in
die Höhe treiben könnten.
Ausnahmen für Kredite an Kleinbetriebe beschlossen
Der so genannte Baseler Ausschuss für
Bankenaufsicht ist am Mittwoch in Hongkong übereingekommen, bei den
ab 2006 geltenden neuen Regeln für die Eigenkapitalaustattung von
Banken Ausnahmen für Klein- und mittelständische Unternehmen zu
machen. Dies sagte Stephan Pichler, Experte des
Consultingunternehmens PriceWaterhouseCooper, am Mittwochabend bei
einem Symposion in Wien. Auch drohende Aufschläge für langfristige
Kredite seien für die überwiegende Mehrzahl der gewerblichen Kunden
in Österreich "praktisch vom Tisch".
So wurde bei der Sitzung in Hongkong die lange diskutierte Frage
geklärt, auf Grund welches Kriteriums und ab welcher Größe
Kleinbetriebe wie Privatkunden behandelt werden sollen. Beschlossen
wurde nun ein maximales Kreditvolumen von einer Mill. Euro - laut
Pichler für das Obligo gegenüber einer Bank -, bei deren
Unterschreitung eine geringere Unterlegung mit Eigenkapital möglich
ist. Unternehmen mit einem Jahresumsatz von bis zu 50 Mill. Euro wird
laut Pichler ein 20-prozentiger Nachlass auf die Kapitalunterlegung
gewährt. Kleinunternehmen befürchten eine teils drastische Verteuerung der
Kredite durch die noch in Verhandlung befindlichen neuen
Vorschriften.
Auch die drohende Verteuerung für die in Österreich vorherrschende
Finanzierungsform von Unternehmen, langfristige Bankkredite, sei für
die allermeisten österreichischen Unternehmen praktisch vom Tisch,
sagte Pichler. Beim einfachen Ratingverfahren wird es künftig keine
Risikozuschläge auf längere Laufzeiten geben, im fortgeschrittenen
Ansatz nur für Langfristkredite von Unternehmen mit einem
Jahresumsatz bzw. einer Bilanzsumme von mehr als 500 Mill. Euro.
Einzelne Unternehmen wie etwa Wohnbauunternehmen könnten von diesen
Zuschlägen aber sehr wohl betroffen sein. Schließlich sei eine neue Klasse von Privatkundenkrediten mit
einer extrem geringen Unterlegung (z.B. Kreditkartenanforderungen)
beschlossen worden, sagte der Experte.
Wifo-Chef warnt vor prozyklischen Effekten
Wifo-Chef Helmut Kramer sieht im derzeit verhandelten
Baseler Abkommen die Gefahr "prozyklischer Effekte" - dass also die
neuen Regeln der Kreditvergabe eine flaue konjunkturelle Situation
weiter verschlechtern könnten. Auch mit geringem Eigenkapital
ausgestattete "Start-Ups" könnten Schwierigkeiten mit ihrer
Finanzierung bekommen. "Ich glaube aber, dass ein großer Teil der
volkswirtschaftlichen Bedenken bei den weiteren Konsultationen
ausgeräumt werden kann", sagte Kramer am Mittwochabend bei einem
Vortrag in Wien. "Die pauschale Einordnung, dass Basel II
verschlechterte Kreditbeziehungen für KMU bringt, kann man aber sehr
wohl von der Hand weisen."
Grasser macht Druck
Finanzminister Karl-Heinz Grasser (FPÖ) hat vor
negativen Effekten einer vorauseilenden restriktiven Kreditpolitik
gewarnt. "Ich mache großen Druck auf die Banken", sagte der Minister
Mittwochabend bei einer Diskussionsveranstaltung vor 600 klein- und
mittelbetrieblichen Unternehmern in Wien. Es sei das Geschäft von Banken, mit Risiken zu handeln. "Wenn sie
sich das doppelt bezahlen lassen, macht das volkswirtschaftlich
keinen Sinn", so Grasser. Er bekräftigte, dass die Unternehmen in ihrer Mittelbeschaffung
von Banken unabhängiger werden müssten. Mit weiteren Maßnahmen zur
Belebung es Kapitalmarkts müsste mehr Risikokapital geschaffen
werden. Kapitalmangel sei vor allem in den österreichischen KMU "die
Insolvenzursache schlechthin". Er kündigte neue staatliche
Garantieinstrumente für Unternehmensgründer an. (APA/Reuters)