Barcelona - Noch gibt es kein "chemisches Kondom" für Frauen. Derzeit befinden sich jedoch rund 50 verschiedene so genannte Mikrobizid-Gels in verschiedenen Entwicklungsstadien. Sie sollen besonders afrikanischen Frauen helfen, sich gegen die tödliche Immunschwäche Aids zu schützen. Erste Produkte könnten im Jahr 2007 auf den Markt kommen. Einige dieser Substanzen kleiden die Scheide mit einem Schutzfilm aus, damit sich die Viren nicht an die Zellen anlagern und eindringen können. Andere blockieren die Vermehrung des Virus und verwenden dafür herkömmliche Aidsmedikamente. Versuche gibt es auch mit Antikörpern gegen HIV und Substanzen, die die Virushülle zerstören. Kein Ersatz für Kondome Mikrobizide sollen Kondome oder andere Verhütungsmittel nicht ersetzen. Sie sind nötig, weil sich viele Frauen nicht immer gegen Missbrauch wehren können - und gleichzeitig viele Männer keine Lust auf Kondome haben und sie verweigern. Dies ist besonders in Afrika der Fall, erklärt Stefano Vella, einer der Organisatoren der Welt-Aidskonferenz in Barcelona, Präsident der internationalen Aidsgesellschaft und italienischer Mikrobizid-Forscher. Schlecht ausgebildete, arme Frauen müssen ihren Körper vielfach trotzdem anbieten, um zu überleben. In Afrika leben etwa drei Viertel aller HIV-infizierten Menschen, derzeit rund 30 Millionen. Und täglich werden weltweit rund 16.000 Menschen neu mit HIV infiziert, in Afrika sind besonders junge Frauen betroffen. Langfristige Hoffnung Selbst wenn die für das Jahr 2007 erwarteten Mikrobizide der ersten Generation nur in 50 bis 60 Prozent der Fälle gegen eine Übertragung der Aidsviren schützen, kann das die Zahl der Infektionen merklich senken. Das geht aus einer Berechnung von Alan Stone hervor, dem Vorsitzenden der Internationalen Arbeitsgruppe für Mikrobizide. Stone macht für seine Modellrechnung zunächst folgende Annahme: Ein Mikrobizid mit einer Wirksamkeit von nur 60 Prozent kommt in der Hälfte aller Fälle zum Einsatz, in denen das Paar kein Kondom benutzt. Das Resultat: Auf diese Weise lassen sich in drei Jahren 3,7 Millionen neue Infektionen verhindern. Für 2012 erwartet Stone die Einführung der zweiten Generation dieser Medikamente, die dann eine Wirksamkeit von 70 bis 90 Prozent erreichen sollen. 2017 könnte die Zuverlässigkeit bei 85 bis 97 Prozent liegen, berichtet Stone. (APA)