Wien - "Ich bin in einem KMU aufgewachsen. Es ist mir ein riesiges Anliegen, nicht nur über Ihre Probleme zu reden, sondern auch etwas zu tun." Karl-Heinz Grasser stellte am Mittwochabend in Wien vor rund 600 Vertretern der KMU sprich kleinen und mittleren Unternehmen klar, wer er - außer halt Finanzminister - ist: einer von ihnen. Einer, der weiß, wovon er redet. Die Geladenen dankten es ihm, indem sie die Moderation des jungen Ministers immer wieder mit Zwischenapplaus unterbrachen. Sogar dann, wenn er "aufrichtig danke schön" sagte für die Steuern, die er ihnen abzieht. Noch mehr Andacht kam auf, als er sich "gleich auch für die zukünftigen Steuern, die Sie zahlen werden", bedankte. Günther Jauch hätte es nicht besser machen können. Zwei Stunden Rede, gespickt mit schlagfertigen Sagern. Zusammengehörigkeit Und das Publikum wird einbezogen bis ins kleinste Detail. So werden die Wiener Unternehmer - wie rund 120.000 Unternehmen landesweit - unter dem Titel "Wir haben Zukunft! Gemeinsam zum Erfolg" vom Finanzminister eingebunden in die künftige wirtschafts- und finanzpolitische Entscheidung, sagt er. Und lässt sich das bis zu zwei Mio. Euro kosten, die für das Marketing beauftragte Agentur Hochegger soll maximal 312.854 Euro kassieren. Am Ende will Grasser die Wünsche der KMU bei den Budgetverhandlungen im Herbst vorbringen. Er spricht über Steuer- und Lohnnebenkostensenkung. Natürlich wäre ihm "nichts lieber" als eine Steuer- und Abgabenentlastung im nächsten Jahr, aber sicher nicht auf Pump. Also werde es eine Steuerreform um jeden Preis nicht geben. Grasser fordert ein einheitliches Pensionsrecht für alle. "Herzensanliegen" Überhaupt ist ihm die Verwaltungsreform "ein Herzensanliegen": Wieder kommt Applaus auf. Schließlich hat Grasser schon 460 Mio. Euro eingespart, heuer soll es eine Mrd. Euro werden, nächstes Jahr 1,6 Mrd. Euro. Sparen will er weiter bei den Zuschüssen für ÖBB, EU-Beiträgen, dem Finanzausgleich und der Verwaltung. Die Unternehmer zeigen Verständnis dafür zu sparen, gleichzeitig brachten sie Grasser ihre Sorgen vor. Doris Taussig, die einen aufsteckbaren Schmuck für Bilderrahmen entwickelte, bezeichnete die derzeitigen Förderungen als unzureichend. Wolfgang Schebek, im Immobiliengeschäft tätig, wartet seit eineinhalb Jahren auf die Vorsteuerrückzahlung, auf die er im Zuge eines Hausbaus Anrecht hat: "Fünf Steuerberater habe ich verbraucht, mein Finanzamt betreibt Unternehmenseuthanasie." Grasser versprach auch hier eine Lösung. (Esther Mitterstieler, DER STANDARD, Printausgabe, 11.7.2002)