Etat
Serbien erhöht Druck auf unabhängige Medien
Polizei verhört zwei Journalisten wegen Berichten über Konflikt Djindjic-Kostunica
Serbiens unabhängige Medien stehen in dieser
Woche wieder unter politischem Druck, fast wie zur Zeiten der
Herrschaft des Ex-Präsidenten Slobodan Milosevic. Der andauernde
Machtkampf des serbischen Premiers Zoran Djindjic mit dem
jugoslawischen Präsidenten Vojislav Kostunica hat zu einem an
Milosevic erinnernden Druck auf kritische Zeitungen geführt, beklagen
manche unabhängige Redaktionen am Freitag in Belgrad. Die Belgrader Polizei hat auf Antrag der Staatsanwaltschaft am
Donnerstag und Freitag zwei Redakteure des angesehenen
Nachrichtenmagazins "Reporter" und der Tageszeitung "Danas" verhört.
Anlass waren deren Artikel über den aktuellen Austausch von
Beschuldigungen zwischen Djindjic und Kostunica, über den alle Medien
ausführlich berichten: Djindjic soll Kostunicas Büro abgehört und
Kostunica wiederum einen Armeestreich gegen Djindjic geplant haben.
Angaben über die Informationsquellen gefordert
Die Polizei verlangte Angaben über die Quellen der Information von
einem angeblichen Abhörzentrum, das es im Djindjic-Regierungsgebäude
geben soll, gab die "Reporter"-Redaktion bekannt. Den Namen ihrer
Informanten will das Blatt nicht bekannt geben, sagte Chefredakteur
Perica Vucinic am Freitag. Zuvor hatte ihm Vladimir Popovic, Chef des
Djindjic-Kommunikationsbüros, in einem Brief mit strafrechtlichen
Maßnahmen gedroht. Das Blatt veröffentlichte den Drohbrief.
Natasa Odalovic, "Danas"-Kolumnistin, wurde verhört, weil sie
einen Kostunica-Berater zitierte, der sie telefonisch beschuldigt
hatte, eine "Freundin des mit der serbischen Mafia verstrickten
Djindjic" zu sein. Die Quelle ihrer Feststellung, dass in Serbien
neue politisch motivierte Morde zu erwarten seien, sei der
Innenminister persönlich, der das auf einer Pressekonferenz
angekündigt hatte, sagte sie am Freitag. (APA/dpa)