München – Psychiater haben nachdrücklich vor Selbsttherapien mit Johanniskraut bei Depressionen gewarnt.

Johanniskrautextrakt ist zu niedrig dosiert

Die meisten Präparate, die im Supermarkt oder einer Drogerie verkauft würden, enthielten Johanniskraut-Extrakt in zu niedriger Dosierung und blieben deshalb ohne Wirkung, sagte Ulrich Hegerl, Sprecher des Kompetenznetzes Depression, in München. "Wer unter Depressionen leidet, benötigt professionelle Hilfe", betonte der Experte.

40 Prozent der Betroffenen gehen nicht zum Arzt

In Deutschland leiden rund vier Millionen Menschen an dieser psychischen Störung. Rund 40 Prozent der Betroffenen gehen Schätzungen zufolge nicht zum Arzt und riskieren laut Hegerl damit, dass sich ihr Gesundheitszustand weiter verschlechtert. Tiefe Hoffnungslosigkeit, die Unfähigkeit, Freude zu empfinden, Schlafstörungen und körperliche Beschwerden gehörten zu den Anzeichen einer Depression.

Hohes Suizidrisiko

"Die Krankheit ist mit einem hohen Suizidrisiko verbunden", sagte der Professor an der Psychiatrischen Klinik der Ludwig-Maximilians-Universität München. 15 Prozent aller schwer Depressiven töteten sich selbst, jeder Zweite habe zumindest einen Selbstmordversuch bereits unternommen. Vor diesem Hintergrund könne eine Selbstbehandlung der Depression schwer wiegende Folgen haben, warnte Hegerl. Angehörige und Freunde sollten den Betroffenen ermutigen, die Hilfe eines Arztes oder Psychotherapeuten in Anspruch zu nehmen, und ihn notfalls zum ersten Termin begleiten.

Johanniskraut-Präparate könne die Wirkung der Anti-Baby-Pille beeinträchtigen

Johanniskraut wird in Deutschland in mehr als 50 Zubereitungen angeboten und ist das meistverkaufte pflanzliche Antidepressivum. Zugelassen sind die Präparate nach Angaben des Experten aber nur für die Behandlung von leichten bis mittelschweren Depressionen. Hegerl verwies zudem auf unerwünschte Wirkungen der eigentlich sanften Medizin. So könnten Johanniskraut-Präparate die Wirkung der Anti-Baby-Pille beeinträchtigen. Zudem gebe es Wechselwirkungen zwischen Johanniskraut und Antidepressiva, die dem Patienten unter Umständen schaden könnten. (APA)