USA
Los Angeles: Ein Prügel-Video mit Folgen
Polizist, der 16-Jährigen verprügelt hat, ist suspendiert - Video-Filmer festgenommen - Laut Polizei lag ein Haftbefehl aus dem Jahr 1999 vor...
Washington - Die Szene tut weh: Ein
stämmiger Polizist ergreift einen schmächtigen Jugendlichen, hebt ihn
wie eine Puppe auf und wirft ihn mit voller Wucht auf das Heck eines
Autos. Der Bursch liegt wehrlos über das Auto gebeugt, die Hände mit
Handschellen auf den Rücken gefesselt, umringt von mehreren
Polizisten, da kommt von der Seite ein weiterer Polizist und schlägt
ihm mit der Faust ins Gesicht.Prügel-Polizisten
Diese 32-Sekunden-Episode flimmerte in der vergangenen Woche
wieder und wieder über die amerikanischen Bildschirme und wirkte
jedes mal eindeutig: Ein neuer Fall von Polizeibrutalität. Da das
Opfer, der 16-jährige Donovan Jackson, schwarz ist und alle
beteiligte Prügel-Polizisten weißer Hautfarbe, drängt sich als
Ursache des gewalttätigen Vorgehens noch dazu der Verdacht auf
Rassismus auf. Gegen einen der beteiligten Polizisten, Jeremy Morse,
sollen zudem bereits Beschwerden wegen Misshandlungen vorliegen.
Video-Filmer festgenommen
Der brutale Vorfall in Inglewood, einem Vorort von Los Angeles,
hat bereits zu einer Verhaftung geführt: Doch nicht einer der
Polizisten, sondern der Amateur-Videofilmer Mitchell Crooks wanderte
ins Gefängnis. Laut Polizei lag gegen ihn ein Haftbefehl aus dem Jahr
1999 wegen Trunkenheit am Steuer vor, der bisher nicht vollstreckt
werden konnte. Crooks wurde beim Verlassen eines CNN-Studios
verhaftet. Seinen nächsten Termin, bei der Staatsanwaltschaft, die
ihn zu dem Video befragen wollte, konnte er nicht mehr wahrnehmen.
Für die beteiligten Polizisten fielen die Folgen bisher milde aus
Für die beteiligten Polizisten fielen die Folgen bisher milde aus:
Einer wurde vom Dienst suspendiert, eine Untersuchung des Vorfalls
eingeleitet. Das Opfer verklagte die Polizisten wegen Verletzung
seiner Bürgerrechte. Zahlreiche Polizeigewerkschafter haben aber zur
Verteidigung der Gesetzeshüter aufgerufen. Das Video lasse die
Vorgeschichte der Verhaftung unerwähnt. Jackson soll zuvor einen
Polizisten verletzt haben, der Faustschlag gegen ihn könnte eine
"unwillkürliche Reflexreaktion" gewesen sein.
Das Video zeigt allerdings eine andere Szenerie: Dass sich fünf
schwergewichtige Polizisten vor einem schmächtigen 16-Jährigen, der
mit Handschellen "fixiert" wurde, derart fürchten, dass sie noch
Gewalt anwenden müssen, wirkt äußerst unglaubwürdig. Und auch wenn
Jackson vor seiner Festnahme gewalttätig war, biete dies keine
Rechtfertigung ihn nachher zu schlagen, meinen Kommentatoren.
Demonstrationen
Hunderte Menschen haben in den vergangenen Tagen in Los Angeles
gegen das Vorgehen der Polizei demonstriert. Die Proteste verliefen
bisher friedlich, doch Erinnerungen an den Fall Rodney King werden
wach. Auch damals hatte ein Amateurfilmer festgehalten, wie der
schwarze Autofahrer von Polizisten brutal misshandelt wurde. Der
Freispruch der weißen Polizisten löste 1992 schwere Rassenunruhen
aus, "Wir sind nicht gegen Polizisten, wir sind gegen
Polizeiübergriffe", skandierte Martin Luther King III, Präsident
einer Bürgerrechtsgruppe, bei einer Kundgebung. Im CNN-Interview
erklärte er, was wohl viele Amerikaner denken: "Wenn ich so etwas
mache wie die Polizisten, komme ich ins Gefängnis". (APA)