Wien - Die künftige Struktur der österreichischen Eisenbahnlandschaft wird in den kommenden Wochen noch zu einigen Diskussionen in der Regierungskoalition führen. Aus Unternehmenskreisen hieß es am Freitag , dass aus Sicht von Verkehrs- und Finanzministerium die Gründung einer ÖBB-Holding so gut wie fix sei. Die ÖVP habe der Holdingsstruktur aber noch keineswegs zugestimmt. Dem Vernehmen nach sieht der derzeit diskutierte Vorschlag künftig zwei Gesellschaften unter Bundesdach vor: Auf der einen Seite eine ÖBB-Holding, unter der neben einem künftigen Bahn-/Postbus im Schienenbereich eine Personenverkehrs- und eine Güterverkehrstochter sowie eine weitere Gesellschaft für Infrastrukturfinanzierung und betriebsnotwendige Immobilien vorgesehen sind. Auf der anderen Seite eine Errichtungsgesellschaft, die die drei derzeitigen Infrastrukturunternehmen SCHIG, HL-AG und Brenner-EisenbahnGmbH umfassen soll - allerdings ohne Finanzierung und damit ohne Schulden, die mit dieser Konstruktion zu den ÖBB wandern. Nicht betriebsnotwendigen Immobilien verkaufen Die nicht betriebsnotwendigen Immobilien sollen gesondert behandelt und zum Schuldenabbau vermutlich verkauft werden. Die ÖVP will sich aber auf diese Pläne noch nicht festlegen. Es bestehe noch keine Einigkeit über ein Konzept. "Detailgespräche haben noch nicht stattgefunden", sagte ÖVP-Verkehrssprecher Helmut Kukacka am Freitag. Anwachsende Schulden bekämpfen Mit der neuen Struktur soll laut dem VP-Verkehrssprecher vor allem dem Problem der weiter anwachsenden Schulden der Schieneninfrastrukturgesellschaft SCHIG begegnet werden. Der Haftungsrahmen der Gesellschaft beträgt mittlerweile rund 12 Mrd. Euro. Dazu kommen weitere Infrastrukturschulden von fast 4 Mrd. Euro, die bei den ÖBB geparkt sind. Ziel müsse es sein, eine Maastricht-konforme Lösung für die Bahnfinanzierung zu finden, die darüber hinaus auch die Zustimmung der EU-Kommission finde. Dass die Lösung für diese Frage in einer Holding liege, sei aber "nicht von vornherein fix", so Kukacka. Entscheidung frühestens im Oktober Eine Entscheidung soll es frühestens im Oktober geben. Verkehrs- und Finanzminister sollen laut Kukacka zunächst einen Plan vorlegen, der dann auf Regierungsebene erst diskutiert werden soll. Die notwendigen Gesetzesänderungen werden nicht vor 2003 erwartet. Am Freitag sind Finanzminister Karl-Heinz Grasser, Verkehrsminister Mathias Reichhold (beide F) und der Vorstand der ÖBB zu Gesprächen zusammenkommen. Zu Details der Gespräche wollten sich alle drei Parteien offiziell nicht äußern. Scharfe Gewerkschaftskritik Schwere Kritik an dem derzeit kursierenden Plan kommt von der Gewerkschaft. Der oberste Eisenbahner-Gewerkschafter Wilhelm Haberzettl spricht von einer "Bauchwehkonstruktion", der "jegliche Maastrichtkonformität" fehle. Den ÖBB hätte dadurch eine Schuldenlast von 16 Mrd. Euro zu tragen, die keinesfalls durch die Einnahmen aus dem Absatz gedeckt werden könnten, sagte Haberzettl am Freitag. (APA)