Europa
Gibraltar vor "Teilung der Souveränität"
London und Madrid einigen sich auf neuen Status der britischen Kolonie - Heftige Proteste
London - London und Madrid haben bei ihren Verhandlungen
über die Zukunft Gibraltars weitgehende Übereinstimmung über die
"Teilung der Souveränität" über die britische Kolonie erzielt. Dies
erklärte Außenminister Jack Straw am Freitag im Unterhaus in London.
Der Plan solle den 30.000 Einwohnern des von Spanien beanspruchten
Gebiets am Südzipfel der Iberischen Halbinsel zur Abstimmung
vorgelegt werden. Bei der konservativen Opposition löste die
Mitteilung Straws heftige Proteste aus. Dem Labour-Politiker wurden
"Ausverkauf" und "Betrug" an den Interessen der Bevölkerung
Gibraltars vorgeworfen. Nach 12-monatigen Verhandlungen hätten die Regierungen in London
und Madrid in mehreren Punkten grundsätzliche Übereinstimmung
erzielt, sagte Straw. "Wir sind näher als jemals zuvor an dem Punkt
angelangt, fast 300 Jahre schwieriger Geschichte zu überwinden",
sagte der Minister. Eine umfassende und permanente Beilegung des
Konflikts mit Spanien sei die einzige Möglichkeit, eine stabile und
erfolgreiche Zukunft für Gibraltar zu sichern.
Die 30.000 Bewohner des "Affenfelsen" sollten ihre "britische
Lebensart" sowie das Recht auf eine britische Nationalität behalten,
zugleich aber auch Spanier werden können. Die 5,8 Quadratkilometer
große Kolonie gehört seit 1713 zu Großbritannien.
Wenige Stunden vor der Ankündigung Straws hatte der Erste Minister
(Regierungschef) der Kolonie, Peter Caruana, in der BBC erklärt, die
Gespräche seien gescheitert. Straw solle den Fehlschlag eingestehen.
Caruana hatte die Verhandlungen stets boykottiert. Die Einwohner
Gibraltars sind gegen jede Abtretung von Hoheitsrechten an Spanien.
Sie streben stattdessen das Recht auf Selbstbestimmung an, ohne aber
die engen Beziehungen zu London aufzugeben.
Britische Kommentatoren wiesen am Freitag darauf hin, dass mit
Straws Erklärung noch lange nicht alle Probleme in den Verhandlungen
ausgeräumt seien. Spanien, das bisher stets einen Alleinanspruch auf
Gibraltar geltend gemacht habe, sehe eine gemeinsame Souveränität
lediglich als ein "Sprungbrett für die Übernahme der vollen
Souveränität", kommentierte die BBC.
"Geteilte Souveränität ist geopferte Souveränität", warf
Oppositionssprecher Michael Ancram Straw im Unterhaus vor. Es sei
eine "Schande", dass sich die Labour-Regierung bei den Verhandlungen
mit Spanien auf diese Formel eingelassen habe. Ancram forderte die
sofortige Suspendierung der "unehrenhaften Verhandlungen" mit der
spanischen Regierung. (APA/dpa)