Flüchtlingslager Sangatte am Ärmelkanal wird geschlossen
London und Paris einigen sich auf Termin - Plan zur Rückführung von afghanischen Flüchtlingen
Redaktion
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Paris - Das umstrittene Flüchtlingslager Sangatte am
französischen Eingang des Eurotunnels soll in wenigen Monaten
geschlossen werden. Nach monatelangem Streit trafen die Regierungen
in Paris und London am Freitag eine Vereinbarung, nach der
Großbritannien das Asylrecht verschärft und Frankreich im Gegenzug
das Lager schließt. Darüber hinaus wurde mit dem
UNO-Flüchtlingskommissariat (UNHCR) abgesprochen, mehreren hundert
afghanischen Flüchtlingen ein Angebot für ihre freiwillige Rückkehr
in die Heimat zu machen.
Britisch-französische Einigkeit
Nach dem Regierungswechsel in Paris von einer Linkskoalition zur
rechts-bürgerlichen Regierung im Mai hatte London die neue
"Entschlossenheit" Frankreichs zur Beilegung des Problems begrüßt.
Die Schließung Sangattes solle noch Ende dieses Jahres oder im
ersten Quartal des Jahres 2003 erfolgen, sagte der britische
Innenminister David Blunkett nach einem Gespräch mit seinem
französischen Kollegen Nicolas Sarkozy in der französischen
Hauptstadt. Die Regierungen in Paris und London hatten seit Monaten
intensiv über die Schließung verhandelt. In den vergangenen Wochen
hielten sich in Sangatte rund 1300 Flüchtlinge auf. Sarkozy
vereinbarte mit dem UNHCR, dass Mitarbeiter des Genfer
Flüchtlingskommissariats sich mit den französischen Behörden und der
neuen Regierung in Kabul gemeinsam darum bemühen, afghanische
Flüchtlinge zur Rückkehr in ihre Heimat zu bewegen.
London verschärft Aufnahmebestimmungen
"Ich werde in Großbritannien Maßnahmen ergreifen, die es uns
ermöglichen, für die Schließung von Sangatte einen Zeitplan
vorzulegen", sagte Blunkett. "Dieser Plan wird von einem Zeitpunkt im
letzten Viertel dieses Jahres bis zum ersten Viertel des kommenden
Jahres reichen." Paris hatte von London eine Verschärfung der
Aufnahmebestimmungen für Asylbewerber verlangt. Vor allem soll das
Recht von Asylbewerbern überprüft werden, wenige Monate nach der
Ankunft in Großbritannien eine Arbeit aufzunehmen. Darüber hinaus
will London Asylbewerber verstärkt in Sammellagern auf dem Land und
nicht mehr in Einzelunterkünften unterbringen. Auch die
Sozialleistungen sollen gekürzt werden.
Flucht durch den Tunnel
Das Lager von Sangatte wurde vom Roten Kreuz nach der plötzlichen
Ankunft von Kosovo-Flüchtlingen im Herbst 1999 in einer alten
Fabrikhalle errichtet. Seitdem wurden dort mehrere zehntausend
Ankömmlinge gezählt. Die meisten von ihnen schafften offenbar den Weg
nach England. Sie starteten unter lebensgefährlichen Bedingungen
immer neue Versuche, nachts mit den Zügen durch den Eurotunnel nach
Großbritannien zu gelangen.
Ein großer Teil der Flüchtlinge in Sangatte stammt aus
Afghanistan. Die Flüchtlinge waren auch durch intensive
Kontrollmaßnahmen der französischen Sicherheitskräfte nicht davon
abzubringen, immer wieder die Durchquerung des Tunnels zu versuchen.
Viele von ihnen haben Verwandte oder Freunde, die bereits in
Großbritannien leben.
Nach Statistiken des Pariser Innenministeriums lag Deutschland in
der Europäischen Union bei der Zahl der Asylbewerber im vergangenen
Jahr mit rund 88.000 an erster Stelle, Großbritannien mit rund 64.000
an zweiter und Frankreich mit gut 47.000 an dritter Stelle. (APA)
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