Verstärkte Konfliktlinien prägten das Parlamentsjahr - waren aber nicht überall zu spüren
Redaktion
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Wien - Schokolade, Erdbeer und andere Eissorten mehr schaufelt der Mann in die Tüten. Der rote Gewerkschafter Peter Höhle hat das Eiswagerl samt Eismann Freitag zum Nationalratssommerpausenstart ans Tor IV des Parlaments anrücken lassen, als Feriengruß. Das Wagerl stand zwar vorm SPÖ-Eingang - Eis bekamen aber alle, die das Parlament hier betraten oder verließen.
Die verfestigten Blöcke
Nur dem Eismann waren zum Kehraus alle Parteien gleich lieb. Ansonsten endete das Parlamentsjahr analog zum Verlauf: mit gegenseitigen Beschimpfungen der Parteienblöcke. "Die akzentuiertere Blockbildung Regierung - Opposition bestimmte das Verhalten. Diese verstärkten Konfliktlinien entstehen auf beiden Seiten auch als Positionierungsstrategie für die Nationalratswahl", analysiert der Politologe Fritz Plasser das abgelaufene Parlamentsjahr.
Blockbildung kann Beziehungen kitten. Erstmals seit ihrer Krise im Frühjahr erschienen die Klubchefs von ÖVP und FPÖ, Andreas Khol und Peter Westenthaler, Freitag im Doppelpack - um beschlossene Gesetze, vom Ver- mummungsverbot bis zur Familienhospizkarenz, zu loben. Und um SPÖ als "Chaos pur" und Grüne als "Fremde im Parlament" und "trotzige Kinder" zu zerzausen.
Überraschend oft einig
Der Oppositionsblock konterte prompt: SPÖ-Klubchef Josef Cap rügte "Gesetzesschnellschüsse" ohne Begutachtung, etwa beim Ersatz für den 209er, der Grüne Werner Kogler sieht nur "große Rüs- tungsausgaben".
Trotz dieser Attacken: Die vielzitierte Konfliktdemokratie hat nicht alle Bereiche des Parlaments durchflutet. 174 neue Gesetze listet die Parlamentsdirektion seit Herbst auf - und davon, schätzen die Altmeister Khol und Nationalratspräsident Heinz Fischer unisono, wurden 40 Prozent einstimmig beschlossen, darunter so wichtige wie die Abfertigung.
Auch die Zahl der Ordnungsrufe zeugt nicht von überbordender Kultur des Untergriffs: Fünf kassierte die FPÖ, vier die ÖVP, je drei SPÖ und Grüne, insgesamt wurden weniger erteilt als in den Vorjahren, und das trotz hochemotionaler Debatten wie der um die Heldenplatz-Demos, als ÖVP und FPÖ unter den Grünen Steinewerfer entdeckt zu haben glaubten - und SPÖ-Mann Rudolf Edlinger auf eine Rede der freiheitlichen Helene Partik-Pablé ein "Sieg Heil" draufsetzte.
Vermasselter Ausklang
Auch wenn die Statistik teils Sacharbeit im Vordergrund vermittelt - gerade beim Parlamentsausklang hätten mit den Fällen Ewald Stadler und Reinhart Gaugg Konfliktthemen dominiert. Das habe allen Parteien den Gang in die Sommerpause vermasselt, summiert Plasser: "Für die FPÖ war das ohnehin alles andere als eine Profilierung. Auch der ÖVP kamen sie nicht zupass, wäre sie doch am Nachweis parlamentarischer Leistung interessiert gewesen und konnte so nicht Positivthemen setzen."
Nicht einmal der Opposition habe die Konzentration auf Stadler/Gaugg genutzt, hätte doch gerade die SPÖ oppositionelle Schlagkraft beweisen können: nachteilige Gesetze aufzeigen und eigene Alternativen präsentieren und das "oppositionell ergiebigere Thema Abfangjäger spielen". Aber, so Plasser, "auch dieser Ball konnte nicht ins Tor gelenkt werden". Wie viele Torchancen der SPÖ. Aber: Im Herbst startet das neue Parlamentsjahr - und ein neues Match. (DER STANDARD Print-Ausgabe, 13.7.2002)
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