International
Deutscher Geheimdienst: Terrorgefahr in Europa nimmt zu
Terrorverdächtiger Zammar wird laut "Spiegel" seit 1997 vom Verfassungsschutz observiert
Hamburg/Berlin - Der Präsident des deutschen
Bundesnachrichtendienstes (BND), August Hanning, rechnet damit, dass
die Gefahr für Terroranschläge der El-Kaida-Gruppe auch in
Deutschland wächst. Hanning sagte der Zeitung "Welt am Sonntag", er
sei nach dem Ermittlungsstand überzeugt, dass El-Kaida-Chef Osama bin
Laden noch lebe "und zwar in der Grenzregion von Afghanistan und
Pakistan". Bin Laden glaube, dass er heute noch mehr Grund für
Anschläge habe, da er Vergeltung für die "Niederlage in Afghanistan"
üben wolle. Motivation und Potenzial ließen auf "verstärkte
Anstrengungen zu neuen Terroranschlägen" schließen, sagte Hanning.
Dabei gerieten auch Europa und Deutschland immer stärker ins Visier. Nach Angaben von Hanning gibt es derzeit in Afghanistan und
Pakistan mehr als 5.000 Anhänger von El Kaida und der früheren
Taliban-Machthaber, andere seien vor allem in ihre Herkunftsländer
ausgewichen. "Aus ihren neuen Standorten bereiten sie neue Anschläge
vor. Sie werden alles versuchen, wieder zuzuschlagen", sagte Hanning.
Einerseits würden kurzfristige Anschläge geplant, wie gegen die
Synagoge in Djerba in Tunesien, wo 14 deutsche Touristen umkamen. Die
Vorbereitung anderer Terroranschläge wie etwa gegen die
US-Vertretungen in Kenia und tansania dauere dagegen einige Jahre.
Auch wenn Ausbildungslager und Infrastruktur von El Kaida zerstört
seien, werde inzwischen beobachtet, dass die Terroristen sich
anschickten, "neue Strukturen zu bilden", sagte Hanning.
Verdächtiger seir 1997 observiert
Der BND-Präsident erklärte, die Kosten der Anschläge in den USA
vom 11. September 2001 seien erstaunlich gering gewesen. "Der 11.
September wurde langfristig vorbereitet und hat nach unseren
Berechnungen nicht viel mehr als eine Million Dollar gekostet", sagte
Hanning. Das sei der Preis einiger guter Jagdfalken in den
Vereinigten Emiraten.
Der Terrorverdächtige Deutsch-Syrer Mohammed Haydar Zammar ist dem
deutschen Verfassungsschutz offenbar bereits seit Ende der achtziger
Jahre als radikaler Moslem und Werber für den Islamischen Heiligen
Krieg bekannt. Das berichtete das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" in
seiner am Montag erscheinenden Ausgabe. Unter dem Decknamen
"Operation Zartheit" habe der Verfassungsschutz Zammar, der zur
Hamburger Terrorzelle um die Attentäter des 11. September gerechnet
wird, seit 1997 beobachtet, weil er Terrorausbildungen in
El-Kaida-Camps vermittelt habe.
Zammar soll den zeitweise in Hamburg ansässigen Terror-Piloten
Mohammed Atta und andere Personen für die Anschläge am 11. September
in New York und Washington angeworben haben. Das Magazin berichtet,
nachdem 1998 bei München der mutmaßliche Finanzchef von El Kaida,
Mamduh Mahmud Salim, verhaftet worden sei, sei es zwischen deutschen
Behörden und US-Vertretern zu Auseinandersetzungen um Zammar
gekommen. Die Amerikaner hätten unzulässige Maßnahmen gegen Zammar
und den Hamburger Salim-Kontaktmann Mamoun Darkazanli gefordert,
gegen den ebenfalls im Zusammenhang mit den Anschlägen in den USA
ermittelt werde. Das Bundesamt für Verfassungsschutz war für eine
Stellungnahme nicht zu erreichen. Der deutsche Staatsangehörige
Zammar ist derzeit offenbar in Syrien inhaftiert. (APA/AP)