Dabei waren sich die Teilnehmer in der Beurteilung Europas als, wie Otmar Höll es formulierte, "global payer, aber nicht player" durchaus einig, Europa, das als Vermittler oder Modell durchaus gefragt wäre, jedoch zur Enttäuschung von außen "sprachlos" bleibe.
Auch bei den Gründen dafür - die "Polyphonie" (Höll) in der EU - traf man sich, wobei Lanc Forderungen an eine EU-Sicherheitspolitik sehr präzise formulierte: Es gehörten eine eigenständige Russlandpolitik dazu, die Einbindung der Türkei, ein Austausch mit Nordafrika "ohne Neokolonialismus" - und ein Eingreifen in den israelisch-palästinensischen Konflikt "mit handels- und finanzpolitischen Mitteln".
Hoffnungslos bilateral
Galtung forderte eine Internationalisierung des Nahostkonflikts; das Scheitern des "hoffnungslos bilateralen" Oslo-Prozesses hatte er vorausgesagt. Die EU könne nicht als Vermittler, doch als Modell dienen, Galtung schwebt dabei eine Art arabischer Benelux vor. Schreckensvisionen hat der Friedensforscher für den Fall eines US-Kriegs gegen den Irak: Israels Premier Ariel Sharon werde den Moment für einen "Transfer" - die euphemistische Bezeichnung der israelischen Rechten für Deportation - von Palästinensern nach Jordanien nutzen, dessen König Abdullah II. die Destabilierung des Landes auch physisch nicht überleben werde.
Die Gelegenheit für die EU, sich von den US-Plänen, in denen Galtung das "theologische Element der Satansausrottung" ortet, zu distanzieren, bestehe jetzt: Allerdings spekulierte er einleitend, dass die EU ihre Möglichkeiten zu einem Nein einmal mehr nicht nützen werde, zumal einige EU-Mitgliedsländer, namentlich Deutschland, Spanien und Großbritannien, "die USA als Stellvertreter Gottes auf Erden" sähen.
Höll zeigte sich überzeugt, dass gerade die Angst vor der von Galtung gezeichneten Destabilisierung des ganzen Mittleren Ostens die USA letztlich von einem Irak-Krieg abhalten werde; auch Lanc hielt das für möglich, sah aber auch die Gefahr einer "katastrophalen israelisch-amerikanischen Einsatzkombination". (guha)