Bautzen - Das sorbische Volk, eine der Minderheiten in Deutschland, wird zahlenmäßig immer kleiner. Derzeit sind es vermutlich noch 60.000 Angehörige der Sorben, vermutet der Öffentlichkeitssprecher der Domowina, dem Bund Lausitzer Sorben, Jurij Wuschansky, an deren Sitz in Bautzen in Sachsen. Viel sei durch die evangelische Kirche zerschlagen wurden, sagt Wuschansky. Diese, im Bestreben, man wolle nichts Besonderes sein, habe in der Vergangenheit Assimilation betrieben. Hinzu komme die derzeitige wirtschaftliche Situation: "Die Geburtenrate nimmt ab, und viele gehen in die alten Bundesländer", sagt Wuschansky. "Diesen zwei Dingen stehen wir machtlos gegenüber." Die Sorben sind heute hauptsächlich in der Ober- und der Niederlausitz, in den Bundesländern Brandenburg und Sachsen beheimatet. Immersionsmethode Zweierlei wird versucht, das Aussterben des Sorbischen aufzuhalten: Zum einen werden nach der Immersionsmethode in den Kindergärten und "Tagesstätten zwei Betreuerinnen eingesetzt, wovon eine nur sorbisch mit den Kindern spricht. In der ganzen Lausitz wird diese Form der zweisprachigen Erziehung angeboten. 340 Kinder in 27 Gruppen wachsen so heran. "Die Bereitschaft ist größer als erwartet", sagt Wuschansky. "Vor allem Eltern, die hierher gezogen sind, haben Interesse. In Bautzen haben wir vier Elterngruppen, die sorbisch lernen." Verband sorbischer Unternehmer Zum anderen wurde ein Verband sorbischer Unternehmer gegründet: Man informiert sich gegenseitig über Ausbildungsplätze, geht in die Schulen und tut kund, welche Jobs demnächst benötigt werden, auch Stellen, die Sorbisch-Kenntnisse erfordern. Keine Probleme haben die Sorben, die zu den Slawen gehören, hingegen mit der rechten Szene in Deutschland: "Es gibt Hänseleien, auch in der Schule, aber das ist normal", sagt Wuschansky. Lange schon gehören die zweisprachigen Beschriftungen in mehreren Landkreisen Brandenburgs und Sachsens zum Alltag. Polen und Tschechen aus der Nachbarschaft kommen zudem gerne nach Bautzen im Dreiländereck, weil sie sich aufgrund der ihnen verständlichen slawischen Beschriftung in der Stadt leicht zurechtfinden. Zweisprachige Speisekarten Bei einem Tourismustreffen von Minderheiten vor einiger Zeit "Slowenen aus Kärnten, Friesen aus den Niederlanden und Sorben" sei über zweisprachig beschriftete Speisekarten geredet worden, erzählt der Sorbensprecher. Als man einen Kärntner Gastronomen darauf angesprochen habe, hätte dieser geantwortet, wenn er so etwas an seinem Haus anbringe, könne er damit rechnen, dass es über Nacht verschwunden sei. Wuschansky: "Das gibt es bei uns nicht. Nicht einmal die Skins regt das auf, weil es eben so ist." Dennoch gibt es Dinge, mit denen die Sorben nicht zufrieden sind, etwa wenn es um die Klassenstärke geht: In den sorbisch-sprachigen Schulen muss die Klassenstärke 14 Schüler betragen. Für die deutsche Minderheit aus Schleswig in Dänemark müssen es nur sechs sein ", moniert Jurji Wuschansky. (APA)