Frankreich
Chirac nimmt Anschlagversuch gelassen
"Oh, wirklich?" - Polizei glaubt an Tat eines verwirrten Einzeltäters
Paris - Der französische Präsident Jacques
Chirac hat das versuchte Attentat auf ihn am Nationalfeiertag
gelassen aufgenommen. Wie Innenminister Nicolas Sarkozy berichtete,
habe Chirac, als man ihn über den Vorfall informierte, nur gesagt:
"Oh, wirklich?" Danach habe er vor dem traditionellen Interview zum
Nationalfeiertag am Sonntag nur erklärt, das Thema sei nicht wichtig
genug, um es zur Sprache zu bringen, woran sich die Journalisten auch
hielten. Der rechtsextreme 25-jährige Maxime Brunerie war am Sonntag von
Passanten überwältigt worden, als er mit einem Sportgewehr auf den
etwa 100 bis 150 Meter entfernten Chirac schoss, der in einem offenen
Fahrzeug an der Parade zum Nationalfeiertag teilnahm. Nach
Polizeiangaben räumte Brunerie ein, er habe Chirac töten wollen, "um
Frankreich zu retten". Seine zusammenhanglosen Erklärungen hätten
aber eher den Eindruck einer geistigen Störung vermittelt.
Medien reagierten unterschiedlich
Die französischen Medien gingen mit dem Vorfall am Montag
unterschiedlich um. Während einige den Anschlagsversuch zur
Titelgeschichte machten, beschäftigten andere sich auf Seite eins mit
Chiracs-Fernsehinterview nach Abschluss der Parade.
Im Zuge ihrer Ermittlungen durchsuchte die Polizei die Wohnung in
Courcouronnes südlich von Paris, in der Brunerie zusammen mit seinen
Eltern wohnte . Ein Sprecher der Polizeigewerkschaft sagte, man habe
es offenbar mit einem verwirrten Einzeltäter zu tun. Bei einer Tat
mit terroristischem Hintergrund hätte er eine Waffe mit größerem
Kaliber benutzt. Nach Angaben von Innenminister Sarkozy hat der
Schütze seine Waffe in der vergangenen Woche legal erworben, den Kauf
allerdings nicht gemeldet, wie es das Gesetz vorschreibt.
Über den politischen Hintergrund Bruneries wurden unterdessen
weitere Einzeheiten bekannt. Er kandidierte bei den Kommunalwahlen
2001 für die rechtsextreme National-Republikanische Bewegung (MNR)
von Bruno Megret, dem langjährigen Stellvertreter von
Front-National-Chef Jean-Marie Le Pen. Brunerie nahm nach einem
Bericht der Zeitung "Le Monde" nach dem ersten Durchgang der
Präsidentschaftswahl am 21. April an Megrets Wahlparty teil. (APA/Reuters)