Gesundheitspolitik
Pflegeberufe: Gewerkschaft warnt vor "neuer Sklavenarbeit"
Illegal vermitteltes nicht diplomiertes Personal erhält brutto nur 6,75 Euro pro Stunde für harte Arbeit in Geriatrie
Wien - Kritisch zeigt sich die Gewerkschaft über den
Plan von Wirtschaftsminister Martin Bartenstein (V) zur Förderung der
Pflegeberufe. Die Gewerkschaft Kunst, Medien, Sport, freie Berufe
(KMSfB) warnte vor einer "neuen Sklavenarbeit". Laut Bartenstein soll
arbeitslos gewordenen Personen, Wiedereinsteigern und jenen, die aus
einer anderen Branchen umsteigen wollen, die Möglichkeit für
Pflegeberufe schmackhaft gemacht werden. Außerdem sollen sie bei
einer entsprechenden Schulung finanzielle Unterstützung erhalten. Die KMSfB verweist in einer Aussendung am Dienstag darauf, dass
illegal vermitteltes, nicht diplomiertes Personal brutto oft nur 6,75
Euro pro Stunde als Entgelt für die harte Arbeit in der Geriatrie
erhalte. Diplompersonal sei mit durchschnittlich brutto zehn Euro
auch nicht gerade überbezahlt. Die Institutionen sparten auf diese
Art mit "Poolpersonal" - bei Anteilen bis 80 Prozent des
Personalbedarfes - Lohnnebenkosten in beträchtlichen Ausmaß,
Agenturen verdienten sich goldene Nasen. Übrig bleiben Pflegepersonal
und die in ihrer Obhut stehenden Bewohner von Heimen, sowie die
Patienten.
Auf diese Weise sei eine "neue Sklavenarbeit" entstanden. Die
Politik ignoriere diese Situation leider, offensichtlich infolge der
Kompliziertheit der Materie, meint die Gewerkschaft Kunst, Medien,
Sport, freie Berufe. Sie kündigt weitere Aufklärungsarbeit über die
Situation des Pflegepersonals an.
Verschleiert wird die Problematik durch Mehrstundenleistung von
atypisch beschäftigtem Pflegepersonal, sei es von Diplomierten oder
Hilfsdiensten, über so genannte "Poolfirmen" in praktisch allen
Wiener und Niederösterreichischen geriatrischen Einrichtungen,
Belegspitälern oder Ordenskrankenhäusern. Pflegepersonal arbeitet,
zumeist neben einer regulären Dienstverpflichtung, bis zu 40 und mehr
Stunden pro Woche zusätzlich auf Honorarbasis. Allein in Wien seien
ca. 36.000 Arbeitsstunden pro Monat dokumentiert, Tendenz steigend.
Manche Agenturen kontrollierten nur sehr mangelhaft
Berufsberechtigung, Aufenthalts- und Arbeitsbewilligungen,
Ausbildungsnachweise, geschweige denn Arbeitszeiten. Für die
Vermittlung eines Zwölf-Stunden Dienstes werden bis zu 120 Prozent
des Honorars, das die Pflegekraft erhält, an Vermittlungsprovision
kassiert, kritisiert die Gewerkschaft. (APA)