Wien - "Ich beweise Ihnen mit statistischen Methoden jederzeit, dass Wetterextreme und Unwetter in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten zugenommen haben - aber zwei Minuten später beweise ich Ihnen genau so überzeugend das Gegenteil", mit diesen Worten relativierte Ernest Rudel, Chef-Klimaforscher der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG), immer wieder durch die Medien geisternde Behauptungen, wonach diese Überschwemmung oder jener Sturm "bereits auf die globale Klimaänderung" zurück zu führen sei.Rasche globale Temperaturzunahme Wissenschaftlich haltbar seien derartige Aussagen jedenfalls nicht, wirklich gesichert sei nur, dass wir uns derzeit in einer Phase einer raschen globalen Temperaturzunahme befinden, so Rudel. Man müsse generell zwischen Wetter und Klima unterscheiden, wobei Klima sozusagen die statistische Dimension ist, eine Zusammenschau aller Wetter-Ereignisse für eine bestimmte Periode. Dabei hat sich die so genannte Standardperiode von 30 Jahren eingebürgert, dies ist auch von der World Meteorological Organisation (WMO) anerkannt. Die direkten Messungen und Statistiken der ZAMG reichen 200 Jahre in die Vergangenheit. Was früher war, können die Meteorologen indirekt ergründen, entweder durch das Studium alter Chroniken oder - wenn es noch weiter zurück gehen soll - die Analyse von Sediment- und Eisbohrkernen. Eine Rückschau zeigt, dass das Klima in der Erdgeschichte selten so konstant war wie in den vergangenen 10.000 Jahren. Forscher sehen dies auch als Voraussetzung für die Blüte der menschlichen Kultur. "Das erste Halbjahr 2002 war das wärmste seit Beginn exakter Messungen" Aber auch innerhalb dieser - relativ - konstanten Periode hat es Schwankungen gegeben, so konnten etwa Hungerperioden in der Geschichte auf kalte Jahrzehnte zurückgeführt werden. Seit Mitte des 19. Jahrhunderts wird es dagegen konstant wärmer, vor allem im vergangenen Jahrzehnt sind die Temperaturen rasant angestiegen. "Das erste Halbjahr 2002 war das wärmste seit Beginn exakter Messungen", berichtete Rudel. Eine andere Frage ist die Ursache dieser Erwärmung. "Auch wenn ich es persönlich für wahrscheinlich halte, dass der Mensch mit seinen Aktivitäten in der Atmosphäre eine Rolle dabei spielt, bewiesen ist dieser Zusammenhang noch nicht", so der Experte. Auch Aussagen, wonach Wetterextreme - etwa Starkregen, Hagel oder Wirbelstürme - zunehmen, sind nach Ansicht von Rudel nicht wirklich haltbar. Verschiedene Lobbys picken sich aus der Fülle der Wetterdaten meist die Perioden oder jene Regionen heraus, die für die jeweils gewünschte Aussage am passendsten sind. Das gelte bis zu einem gewissen Grad auch für die Wissenschaft, so würden sich mit Hinweis auf mögliche Gefahren für den Menschen und seine Güter leichter Projektgelder lukrieren lassen. Höherer Schaden, weil höherer Reichtum? Auch wenn die von Versicherungen gemeldeten Schadenssummen durch Gewitter, Hagel oder Hurricans ansteigen, kann man daraus nicht auf eine zunehmende Häufigkeit solcher Ereignisse schließen, ist Rudel überzeugt. Vielmehr könne eine einzige Wetterkatastrophe - etwa auf einem Bauernhof - wesentlich mehr Schaden anrichten. "Vor 100 Jahren konnte ein Blitz eine Scheune mit ein paar Geräten zerstören, heute befindet sich darin möglicherweise ein riesiger Fuhrpark an landwirtschaftlichen Geräten", sagte der Klimaforscher. (APA)