Ich kenne den Chefmechaniker meines Autos. Persönlich. Weiß um seinen Familienstand und um seinen Musikgeschmack. Und um sein technisches Wissen über meinen alten Golf, den ich aus Sentimentalitätsgründen so lange behalten will, bis er ein Oldtimer ist. Mein Mechanikermeister arbeitet in einer kleinen Quetsche auf dem flachen Land, die in der Vergangenheit ganz sicher durch die Wettbewerbsregeln der EU geschützt wurde. Hätte es diese nicht gegeben, wäre der Betrieb schon längst von Größeren erdrückt worden, zerbröselt im Preiskampf. So lieferte er aber über Jahre hinweg Spitzenqualität, zu recht ordentlichen Preisen zwar, aber was wiegt's, das hat's.Glückliche Einzelschicksale in der Beziehung Autobesitzer-Mechaniker sind nun wirklich kein taugliches Argument, wenn es um Liberalisierung auf europäischer Ebene geht. Doch wird das Gefühl im Magen eines Einzelnen schnell ungut, wenn es darum geht, dem komplett freien Spiel der Marktkräfte verkehrssicherheitsrelevante Reparaturen zu überlassen. So unsexy das für die Hersteller der Traumautos klingt: Ein Auto kann schneller als andere Gegenstände zur Waffe mutieren. Abbau der Wettbewerbseinschränkungen? Prinzipiell: Ja, bitte. Keine geschützten Pfründen für jene real existierenden Autohäuser, wo die Inkompetenz des Personals nur durch dessen Unfreundlichkeit getoppt wird. Auch sollte etwa das Problem der Dänen, die 100 Prozent Steuern auf einen Neuwagen zahlen, nicht zu meinem Problem gemacht werden dürfen - durch die hierzulande problemlos zu lukrierenden höhere Preise. Aber ein bisserl Illiberalität, die mir sichere Gefährte garantiert, ist allemal dem uneingeschränkten Recht vorzuziehen, in Portugal Autos zum gleichen Preis wie in Eisenstadt zu bekommen. (DER STANDARD, Printausgabe 17.7.2002)