Inland
Opposition fordert Rücktritt Böhmdorfers
Ein geheimer Pachtvertrag mit seiner früheren Kanzlei bringt den Justizminister in Bedrängnis
Wien - Für Aufregung sorgte am Mittwoch ein Vorausbericht
des "News", wonach Justizminister Dieter Böhmdorfer (F) auf Grund
eines bisher geheimen Pachtvertrages mit seiner früheren
Rechtsanwaltskanzlei "Böhmdorfer-Gheneff KEG" monatlich 100.000 S
(7.267 Euro) Pachtzins monatlich netto beziehe. Böhmdorfer bestätigte
dies - und merkte an: Der Vertrag bestehe seit 1998
und sei sowohl dem Finanzamt angezeigt worden als auch dem
Unvereinbarkeitsausschuss im Parlament seit zwei Jahren bekannt. Die
Opposition forderte Böhmdorfers Rücktritt. "News" berichtet, dass der Pachtvertrag mit 29. März 2000 datiert
sei - also ein Monat, nachdem Böhmdorfer am 29. Februar 2000 zum
Justizminister ernannt wurde. Gegenstand sei die Rechtsanwaltskanzlei
Dr. Dieter Böhmdorfer samt Klientenstock und Anlagevermögen, die
Böhmdorfer an die "Böhmdorfer-Gheneff KEG" verpachte. Abgeschlossen
worden sei der Vertrag ausdrücklich für die Dauer der Ausübung der
Amtstätigkeit als Justizminister.
Böhmdorfer erklärte dazu: Der Vertrag sei 1998 geschlossen worden,
als er seinen Klientenstock in die neu gegründete Böhmdorfer-Gheneff
KEG eingebracht habe. Als er Minister wurde, sei der Pachtvertrag
verlängert und schriftlich fixiert worden, "damit man eine Urkunde
hat". Diese sei auch dem Finanzamt angezeigt worden - und "die
gesamte Situation inklusive Pachtvertrag wurde dem
Unvereinbarkeitsausschuss zur Verfügung gestellt". Die Unterlagen
seien vertraulich und würden jetzt "offenkundig gezielt aus ihrer
Vertraulichkeit herausgelöst". Ihn störe dies aber nicht, "ich habe
kein Erklärungsproblem".
Dies sah die Opposition anders: SPÖ-Bundesgeschäftsführerin Andrea
Kuntzl und der Grüne Abg. Peter Pilz forderten den Minister einmal
mehr zum Rücktritt auf. Die politische Optik sei "katastrophal", wenn
"dieser Justizminister Gewinne mit einer Kanzlei macht, die auf Grund
von Gesetzen, die in seinem Auftrag und in seinem Hause verfasst
werden, Verfahren durchführt", meinte Kuntzl. "Böhmdorfer hat immer
wieder beteuert, dass er nichts mehr mit seiner Kanzlei zu tun hat.
Sind hunderttausend Schilling pro Monat nichts?", fragte Pilz.
Für Kuntzl und Pilz ist das ein weiterer nach einer Reihe früherer
Rücktrittsgründe. Kuntzl führte auch Böhmdorfers Verhalten im Umfeld
der Spitzelaffäre sowie den "so genannten Politikermaulkorb" an; Pilz
nannte neben der Rolle Böhmdorfers im Spitzelskandal und "bei der
geheimen Parteienfinanzierung der FPÖ" seine Versuche, Grundrechte
einzuschränken und seine Unfähigkeit, zwischen Ministeramt,
Parteitreue und persönlichen Interessen zu trennen. (APA)