Einer der früher regimetreuen TV-Sender Serbiens will sich nun mit medialen Kriegshetzern in der Ära von Slobodan Milosevic befassen. Hinter der von TV "Pink" angekündeten Reihe dürfte allerdings nicht der Wunsch stecken, sich mit der Vergangenheit und der Hasssprache bei einstigen Regimemedien auseinanderzusetzen. Vielmehr dürfte es um das Bemühen um eine landesweite Frequenz gehen. Die Leiterin der Unabhängigen Journalistenvereinigung NUNS, Milica Lucic-Cavic, spricht gar von einer "Offensive" von Menschen, die sich in Schweigen gehüllt hätten, als das Regime bemüht gewesen sei, sogar das Schlimmste positiv darzustellen.Neues Gesetz über elektronische Medien Das serbische Parlament soll in den kommenden Tagen ein neues Gesetz über elektronische Medien erlassen. Der Entwurf sieht vor, dass die Sendegenehmigungen von einer unabhängigen Agentur erteil werden. Nur vier TV-Sender sollen in Zukunft eine landesweite Frequenz haben, zwei von ihnen sollen dem bisherigen serbischen staatlichen TV-Sender zufallen, der in eine öffentlich-rechtlichen Anstalt umgewandelt werden soll. Um weitere zwei Frequenzen ringen mehrere Medien. Auf Grund ihrer technischen Ausrüstung scheinen zwei private Sender, die für ihre Nähe zum Regime von Slobodan Milosevic bekannt waren, nun größte Aussichten haben, die erwünschten Frequenzen zu bekommen. Die Gewinnler von einst würden erneut bevorzugt, kommentieren erbitterte Vertreter früherer unabhängiger Medien. Der "rosarote" Sender von Mitrovic TV "Pink", dessen Eigner Zeljko Mitrovic bis zum 5. Oktober 2000 (Wende in Serbien) Spitzenfunktionär der neokommunistischen JUL-Partei von Mira Markovic war, will in seiner Reihe zuerst einige der einstigen führenden Kriegshetzer im staatlichen TV-Sender unter die Lupe nehmen. Unter Milosevic war der "rosarote" Sender von Mitrovic mit Redaktionsräumen im Hochhaus des einstigen Kommunisten-Zentralkomitees in Neu-Belgrad für die "Turbofolk"-Kultur und billige südamerikanische TV-Reihen bekannt. Nur in Wahlkampfzeiten waren auch politische Inhalte zugelassen. Allerdings wurden nur die Programme der regimefreundlichen Parteien propagiert. Nach den NATO-Luftangriffen im Frühjahr 1999, als das CK-Hochhaus gebombt worden war, hatte Mitrovic ein neues hochmodernes Sendergebäude im noblen Stadtviertel Banjica bekommen. Die "größten Diebstähle in Serbien" Mitrovic hatte es sich gleich nach der Wende politisch anders überlegt und sich unter die Fittichen der regierenden "Demokratischen Opposition Serbiens"(DOS), bzw. der serbischen Regierung gestellt. Der frühere JUL-Funktionär scheute auch nicht davor zurück, sich hie und da als "Opfer" des früheren Regimes zu präsentieren. Mit einer Reihe über die "größten Diebstähle in Serbien" unter dem Regime von Milosevic will sich auch der TV-Sender "BK" befassen, ein Familieneigentum von Bogoljub Karic, einem der reichsten Serben. Die aus der Kosovo-Stadt Pec stammende Familie dürfte ihr großes Eigentum vor allem den jahrelang engen Freundschaftsbeziehungen zur Familie Milosevic verdanken. "Bemühungen" um landesweite Frequenz vermutet Der Leiter der Belgrader Vereinigung unabhängiger elektronischer Medien (ANEM), Veran Matic, vermutet hinter den angekündeten TV-Serien einen "Ratschlag" der Behörden. Sie seien bemüht, den TV-Sendern, die unter der Herrschaft von Milosevic bevorzugt worden seien, dazu zu verhelfen, sich auf den Frequenzwettbewerb vorzubereiten. "Dies würde es der regierenden Struktur erleichtern, ihre Kandidatur um die landesweite Frequenzen durchzusetzen", kommentierte Matic gegenüber der Zeitschrift "Reporter" die angekündigten TV-Reihen. Der führende ANEM-Sender, TV "B-92", steht mit dem serbischen Ministerpräsidenten Zoran Djindjic seit mehr als einem Jahr auf dem Kriegsfuß. Bei einem Besuch in den USA hatte Djindjic nämlich erklärt, dass Medien, die sich für die Wende in Serbien verdienstvoll gemacht hätten, zwar mit einem Orden, allerdings nicht unbedingt mit einer landesweiten Frequenz rechnen könnten. Empfang von "B-92" nach wie vor auf Belgard beschränkt Der TV-Sender "B-92", aber auch der gleichnamige Rundfunksender, sind in ihren Sendungen seit langem damit befasst, sich mit verschiedenen Aspekten des Regimes von Slobodan Milosevic, darunter auch Kriegsverbrechen, zu befassen. Allerdings bleibt der Empfang des im September 2000 entstandenen TV-Senders noch immer fast nur auf das Stadtzentrum von Belgrad beschränkt. Die Konfrontation mit der Vergangenheit ist eine der Voraussetzungen für die Aufnahme Jugoslawiens in den Europarat im kommenden Herbst. "Auseinandersetzung" steht mit großen, fetten Buchstaben auf den Plakaten überall in Belgrad, auf denen ein brennendes Kosovo-Dorf im Sommer 98 abgelichtet ist. Dieser Kampagne will sich nun auch TV "Pink" anschließen. (APA)