Berlin - Nach der Bestätigung der so genannten "Homo-Ehe" durch das Bundesverfassungsgericht ist in Deutschland die Diskussion um weitere Rechte für schwule und lesbische Paare neu entbrannt. Die rot-grüne Koalition forderte die oppositionelle Union am Mittwoch auf, ihre Blockade gegen eine weitgehende Gleichstellung mit Ehepartnern im Steuerrecht aufzugeben. Die CDU/CSU respektierte zwar das Karlsruher Urteil und versicherte, das Lebenspartnerschaftsgesetz auch bei einem Wahlsieg nicht zu kippen. Eine weitere Angleichung an die Ehe schloss CDU/CSU-Kanzlerkandidat Edmund Stoiber aber kategorisch aus. Das Höchstgericht hatte eine Klage der unionsregierten Länder Bayern, Sachsen und Thüringen gegen das seit 1. August 2001 geltende Lebenspartnerschaftsgesetz zurückgewiesen und die "Homo-Ehe" als verfassungskonform anerkannt. Die Ehe werde durch das Gesetz weder geschädigt noch sonst beeinträchtigt, hieß es in dem Urteil. Ein Ergänzungsgesetz mit Regelungen zum Steuer- und Dienstrecht hängt seit eineinhalb Jahren im Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat fest. Die Union hatte Verhandlungen darüber bisher abgelehnt. Justizministerin Herta Däubler-Gmelin (SPD) forderte CDU und CSU dazu auf, ihren Widerstand gegen die Ergänzungen aufzugeben. "Jetzt kommt es darauf an, dass Herr Stoiber die Blockade auflöst", sagte die SPD-Politikerin. Ähnlich äußerte sich Grünen-Chefin Claudia Roth. Das Urteil sei ein "Sieg für die Demokratie" und eine "schallende Ohrfeige" für Stoiber und seine "hinterwäldlerische Anti-Homo-Politik". Die Verfassungsrichter hätten den Weg für das Ergänzungsgesetz "eindeutig geöffnet". Zusätzlich kündigte Roth weitere Initiativen zu Gunsten schwuler und lesbischer Partnerschaften für die nächste Legislaturperiode an. So würden die Grünen sich dafür einsetzen, dass homosexuelle Paare das Adoptionsrecht erhielten. Stoiber bedauerte das Erkenntnis des Verfassungsgerichts, versicherte aber, eine unionsgeführte Bundesregierung würde die Lebenspartnerschaft für Homosexuelle nicht in Frage stellen. Die von der rot-grünen Koalition geplanten Ergänzungen lehne er aber strikt ab. "Eine unionsgeführte Bundesregierung wird diese eheähnliche Behandlung der gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften im Steuerrecht und bei den Sozialversicherungen stoppen." Mit der Union werde es eine weitere Angleichung anderer Lebensformen an die Ehe nicht geben. Eine fast gleich lautende Erklärung gaben die Innenminister der CDU und CSU und die Bundestagsfraktion nach einer Konferenz in Berlin ab. Die FDP begrüßte das Karlsruher Urteil und kündigte die Unterstützung für das Ergänzungsgesetz an. Der Union warf Fraktionsgeschäftsführer Jörg van Essen eine "Verweigerungshaltung" vor. Auch CDU und CSU müssten erkennen, das sie sich der gesellschaftlichen Wirklichkeit zu stellen hätten, erklärte van Essen. Auch PDS-Vizechefin Petra Pau forderte einen weiteren Abbau der Benachteiligungen gleichgeschlechtlicher Paare. Der Lesben- und Schwulenverband erklärte, das Urteil habe bewiesen, dass weiteren gesetzlichen Regelungen nichts im Wege stehe. "Unser Ziel ist die volle Gleichstellung." (APA/AP)